The finger pointing to the moon is not the moon
von Luk Perceval
Erschienen in: Annette Kurz – Szenische Objekte/Objets scéniques (11/2017)
Assoziationen: Akteure Annette Kurz Thalia Theater
Wie beschreibt man eine Zusammenarbeit, die »selbstverständlich« ist? Welche Wörter erfassen den Humor, den Schmerz, die Berührung durch das Leben und dessen Darsteller, die Poesie des Alltags, die Annette und ich teilen? Ich versuch’s.
Am Anfang gibt es den Text. Fallada, Tschechow, Schiller, Kleist, Dostojewski, Zola. Und es gibt die Begeisterung für etwas, das das Leben in seiner erbarmungslosen, aber auch komischen Traurigkeit ausdrückt, für etwas, das uns berührt. Das ist der Grundstein, die Berührung. Und die Frage: Welchen Raum, welches Universum braucht der Text, damit er auch den zufälligen Passanten, den uneingeweihten Zuschauer berührt, anfasst, ergreift? Wie schafft man einen Raum, an dem Zuschauer wie auch Figuren teilhaben? Einen Raum, in dem die Figuren, die Darsteller zu Menschen werden, nah und faszinierend in ihrer Sehnsucht nach Unsterblichkeit, Liebe, Schutz, Leidenschaft, Freude. Oft sind das Räume, die zu groß sind, erstickend, schwierig, Widerstand bieten. In denen der Mensch klein und allein ist und der Zerfall unausweichlich ist. Aber auch ein Raum, der die Figuren zwingt, sich wahrhaft zu verhalten, ein Raum der Authentizität einfordert, sowohl von den Schauspielern als auch von den Zuschauern. Das bedeutet keinen naturalistischen Raum, sondern einen, der die Fantasie der Zuschauer freisetzt, der versucht, das Unsichtbare...