Dass ich dich herzen kann
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
Alle kennen heute das Herz – als ein Wunder, einen Muskel, ein Zeichen für etwas. Aber früher gab es das auch als Verb: herzen. Man kann auf einem Thron thronen. Also kann man doch auch auf einem Stuhl „Stühlen“ und auf einem Hocker „hockern“, nicht nur hocken. Man kann sonnenbaden. Man kann aber auch „mondbaden“. Man kann sich sonnen, warum nicht auch „sich monden“.
Natürlich war dieses „herzen“ ein Wort, um Aufmerksamkeit zu erregen. Es gibt das Wort „fenstern“, dann kann es doch auch „türen“ geben. Ich türe zu dir herein. Und jetzt merkt man, dass dieser Satz viel mehr erzählt, als nur hereinkommen. Es türt jemand herein. Er „teppicht“ zum Tisch, um zu „broten“. Das ist Lust an Sprache, das ist nicht „kindertümelnd“. Das kann auch von Erwachsenen betrieben werden. Es ist die Sprache auf dem Wege, auf dem Wege zu einer Bereicherung. Die Aufmerksamkeit des Spielers ist damit erzeugt, er wird auch die nächsten Sätze begucken, ob da nicht noch so etwas zu finden ist. Und er wird sich fragen: Wie spielt man denn nun „herzen“ ? Und dann wird er vielleicht merken: Aha, daher kommt die Umarmung. So werden Sätze handelnd.
Wenn improvisierte Texte nachgespielt werden sollen,...