Handschriften
Das Nachdenken vergiften
Joël Pommerat und seine Compagnie Louis Brouillard
von Gerhard Willert
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Frankreich (10/2017)
Assoziationen: Akteure Freie Szene Europa
Im Jahr 1990 gründete Joël Pommerat die Compagnie Louis Brouillard, zu Deutsch „Ludwig Nebel“. Dabei gab er seinen Schauspielern von sich aus das Versprechen, vorerst vierzig Jahre lang mit ihnen zu arbeiten. Er nennt das seinen „kleinen Vertrag“. In den ersten 16 Jahren entstanden, immer ein wenig im Verborgenen, abseits der großen Bühnen, 16 Produktionen. Dann, im Sommer 2006, zeigte das Festival d’Avignon gleich vier seiner Arbeiten. Das war sein Durchbruch. Die Presse schwelgt seither in höchsten Tönen, doch vor allem: sie ist überhaupt da. Das Publikum strömt, wo immer die Truppe in Frankreich spielt. Ein Molière-Theaterpreis für den besten frankofonen Dramatiker und ein Molière für die beste freie Gruppe folgten; 2016 erhielt er noch einmal drei Molières für „Ça ira (1) Fin de Louis“ (La Révolution # 1 – Wir schaffen das schon) und einen für „Pinocchio“. Die großen Verlockungen folgten daraufhin auch: Inszenierungsangebote an den angesagten Theatern und Opernhäusern dieser Welt. Pommerat aber sagte alles das ab. Er arbeitet stattdessen unbeirrt weiter mit seinen Leuten. Neun neue Produktionen sind in der Zwischenzeit entstanden.
In Afrika sagt man, eine Bibliothek verbrennt, wenn ein alter Mensch stirbt. Ein bisschen ist das so mit meiner Truppe. Ginge ein Schauspieler weg, dann...