Theatermusik als Netzwerk und téchne?
Die Rolle des Computers
von David Roesner
Erschienen in: Recherchen 151: Theatermusik – Analysen und Gespräche (11/2019)
In den letzten Jahren ist der Computer53 zum professionellen Tonstudio avanciert und zum wichtigsten Instrument vieler Theatermusiker*innen geworden. Die Beziehung zu diesem Gerät wird dabei unterschiedlich bewertet: Einerseits wird der Computer als Speichermedium und Tonarchiv verstanden, durch das die Vielfalt und Zugänglichkeit von Klängen förmlich explodiert ist, zum anderen wird er als »Aufschreibesystem«54 für musikalische Ideen und Klangvorstellungen verwendet: Gollasch spricht z. B. vom Computer als »verlängertem Arm«. Häufig wird der Computer aber auch als Partner verstanden, der weder vollständig beherrschbar noch dessen Ziel es ist, natürliche Klänge oder Spielweisen zu imitieren. Günther bringt dies auf die Formel: »Wenn ich überhaupt mit Computer arbeite, dann möchte ich auch, dass er etwas macht, was nur ein Computer kann.« Er gibt dabei ein Beispiel aus seiner Musik zum Eingebildeten Kranken.55 Hier spiele die MIDI-Software bei »Tempo 2000«56 ein präpariertes Cembalo, das dann nur noch weißes Rauschen erzeuge.
Beckenbach spricht vom Computer als »Black Box«, die ihn aus musikalischen Gewohnheiten am Klavier befreie. Für Gollasch schafft er anhand bestimmter grafischer Interfaces die Möglichkeit, sich überraschen zu lassen und Neues zu generieren, das man nicht vollständig antizipieren könne, das aber gleichzeitig nicht beliebig sei. Für Wittershagen macht die eigene...