„Umquatschen“ oder Der gesammelte Held
von Horst Hawemann
Erschienen in: Recherchen 108: Horst Hawemann – Leben üben – Improvisationen und Notate (03/2014)
In Vorbereitung einer Szene beschäftigen wir uns mit dem „Helden“, also mit einem Typ, der durch besondere Taten im Guten wie im Bösen auffällig geworden ist. Uns interessiert, was sich unter dem Begriff angesammelt hat. Was vorhanden ist. Wir sind nicht heldenspezifisch vorbereitet, sortieren nicht vor, uns reichen auch Schlagwörter, und wir verzichten auf umfassende Definitionen.
Es ergeht also der Auftrag: „Umquatscht den Helden!“. Man fordert die Spieler auf, was sie im Moment über den Helden wissen, gnadenlos, bedenkenlos und flott auszupacken. Das entlastet den Spieler zunächst mal von einer Bedeutungsanalyse. Er „quatscht“ ja nur. Man lässt jeden so lange quatschen, bis er glaubt, er hat sich am Helden entleert, denn „darüber reden“ wäre schon eine Aufforderung zur Auswahl und Bewertung, die bremsen kann. Dann kommt der nächste Sammler. Die Spieler werden am Anfang nur das bequatschen, was sie im Augenblick zur Hand haben, das heißt die Oberflächen des Begriffes abtasten. An der Oberfläche sind alle Leute, auch Helden, ziemlich ähnlich. Erst in der Tiefe unterscheiden sie sich. Wenn man in die „Krise” kommt, wenn man meint, man weiß im Augenblick nichts mehr zu dem Begriff, ist man aufgefordert, zu suchen und nach Resten zu kramen. Der Held macht jetzt...