Positionen
Böse Gedanken
von Guillaume Poix
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Frankreich (10/2017)
Sie schreiben. Sie sind sogenannte/r Dramatiker/in. Sie sind Französin/Franzose. Sie schreiben, was manche, nicht ohne Verachtung, Theaterstücke nennen; das heißt, Sie versuchen es zumindest.
Das aus der Mode gekommene, verächtlich gebrauchte Wort Stück verstehen Sie als Raum, Bruchstück, Ort, Fragment, Fetzen, Trümmer – Stückchen. Und seltsamerweise erscheint Ihnen das gar nicht so weit entfernt von dem, was Sie zu verfertigen versuchen.
Doch es gibt Fallstricke: Den Leuten wäre es lieber, Sie würden Material produzieren – es wäre „zeitgenössischer“, stärker dem Geschmack der Epoche entsprechend, und vor allem: weniger einschränkend, da veränderbar. Wenn Sie gespielt werden wollen, müssen Sie sich wohl oder übel den Erwartungen anpassen.
Sie würden gerne sagen, dass Sie zu einem derartigen Kunststück nicht in der Lage sind, da das Material Ihnen doch genau dazu dient, das Objekt selbst herzustellen, das bereits erwähnte Stück. Erwartet man von einem Maurer, dass er den Stein erschafft, den Sand, die Erde, das Wasser? Sie schlucken diese Bemerkung wieder herunter.
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Sie denken an das Paradox Ihres Landes. An das gute Dutzend der auf Theater spezialisierten Verlage, die es dort gibt.
Sie stellen einen Vergleich zwischen der jährlichen Veröffentlichung sogenannter Theatertexte und deren Aufführungen an.
Sie finden das Verhältnis niederschmetternd.
Sie fragen...