Spielarten der Politik
Die Unsichtbaren und Unhörbaren
Spielarten politischen Schreibens auf Frankreichs Bühnen
von Olivier Neveux
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Frankreich (10/2017)
Verfolgt man die Entwicklung von Bühnentexten in Frankreich und deren Bezüge zur Politik, drängen sich zwei Feststellungen auf. Die erste betrifft die intensive Produktion zeitgenössischer Stücke und dramatischer Gedichte, die zweite hängt mit dem starken Interesse der zeitgenössischen Autoren am Tagesgeschehen, an Realität und gesellschaftlichen Fragen zusammen.
Dieser zweite Punkt lässt sich nicht ohne einen direkten Bezug zum politischen Leben betrachten. In der Tat finden sich die Verschlechterung des gesellschaftlichen Klimas, die spürbaren Auswirkungen des Neoliberalismus und die allgemeine Prekarisierung der Lebensbedingungen – von der auch Autoren betroffen sind –, die Hinwendung zu autoritären Ideologien, die Auflösung der Institutionen der Fünften Republik, das stark von Islamophobie geprägte Klima und die Existenz einer offensiv agierenden extremen Rechten, in unterschiedlichster Form in den Werken wieder. Inspiriert von den sozialen Bewegungen der letzten Jahre findet auch ein (manchmal nur schwaches) Gefühl der Hoffnung darin Platz.
Was ist das eigentlich, politisches Theater?
Wirklich schwierig allerdings wird es, wenn es darum geht, den politischen Anteil einer Autorenschaft auszuweisen. Was rechtfertigt eine derartige Bezeichnung? Die Prozesse von Produktion und Fabrikation? Die Bedingungen ihrer Realisierung? Die Fabel? Das dramaturgische Material? Die zitierten oder erprobten Formen? Der Zweck? (Was nehmen sich die Autoren als Aufgabe vor? Unterhalten, offenbaren,...