Getanzter Raum
Konflikte des modernen Tanztheaters
Erschienen in: Recherchen 27: Tanz Körper Politik – Texte zur zeitgenössischen Tanzgeschichte (10/2012)
Wenn die Dinge in unserem Leib Wurzeln schlagen, dann entwickeln die Gegenstände eine schwindelerregende Nähe, in der sich Mensch und Welt verschlingen. Die Nähe zur Welt, wie sie dem mythischen Bewusstsein verbunden ist, löst die Objektivierung des Standpunktes auf, findet aber, so Maurice Merleau-Ponty, das philosophische Bewusstsein wieder.
Es ist kein anderer Weg zu wissen, was der mythische oder der schizophrene Raum besagen wollen, als in uns, in unserer aktuellen Wahrnehmung, gerade jenes Verhältnis des Subjekts zu seiner Welt wiederzuerwecken, das von der reflexiven Analyse zum Verschwinden gebracht wird […]. Es gilt, als allen bedeutungsgebenden Akten des thetischen und theoretischen Denkens vorgängig die Ausdruckserlebnisse […] zu erkennen.1
Eine Leiberfahrung, wie sie Merleau-Ponty für das mythische und das schizophrene Bewusstsein beschreibt, kann das eigene Subjekt nicht losgelöst von der Beziehung zum Objekt, zum Raum betrachten. Die Erfahrung der eigenen Bewegung und Ausdehnung und der beständige Wandel der Beziehung zur Welt sind Ausgangspunkte einer anthropologischen Raumbetrachtung, die sich dem Anderen nicht perspektivisch entzieht. Das Herausnehmen des Leibes aus einer Betrachtung von Wirklichkeit, das Robert Romanyshyn am Beispiel des Perspektivraumes beschrieben hat – der Maler zieht sich mit seinem Leib hinter das geometrische Raster, durch das er die äußere Welt ordnet, zurück...