Magazin
Grandioser Stoiker
Zum Tod des Schauspielers Ulrich Lenk
von Gunnar Decker
Erschienen in: Theater der Zeit: Fuck off (09/2015)
Assoziationen: Akteure
Schwergewicht und federleicht – Ulrich Lenk konnte beides sein. Er spielte heute den Polonius in Bogdan Kocas „Hamlet“-Inszenierung ebenso wie morgen einen korrupten Zimmerkellner in Ray Cooneys Komödie „Außer Kontrolle“. Er spielte gut, was er gern spielte. Er war ein grandioser Stoiker (also auch als Schauspieler noch ein sich beständig seiner Autonomie vergewissernder Mensch!), der das Lustprinzip auf der Bühne mit großem Ernst in Spiel verwandelte. So einem schaut man gerne zu, eben weil es selten ist. Im September sollte die Chemnitzer Uraufführung von „Vom Ende der Kindheit“, verschiedene Einakter in Koproduktion mit dem Berliner Theater an der Parkaue, dessen neue Prater-Spielstätte eröffnen. Lenk verkörperte darin verschiedene Vatertypen, von patriarchal bis ironisch distanziert, Möglichkeiten, die er sämtlich in sich trug.
Sprach man mit dem 1966 in Dresden geborenen Schauspieler, der seit 2013 zum Ensemble des Schauspiels Chemnitz gehörte, dann ging es immer um etwas, das ein Gespräch auch lohnt. Im Unbestimmten vor sich hin schwebende Kommunikationsblasen gab es bei ihm nicht. Eher schon intellektuelle Ringkämpfe von null auf hundert. Da war man schnell bei Heiner Müller oder auch bei Heidegger.
Letzterer war er in der vergangenen Spielzeit in „Hannahs Dämon“ (Regie Bogdan Koca). Wir müssen unbedingt über diesen Heidegger reden!,...