Auftritt
Mainfranken Theater Würzburg: Wie eine Schulklasse das gesamte SED-Regime herausforderte
„Das schweigende Klassenzimmer“ von Dietrich Garstka (UA) – Regie Anna Stiepani, Bühne und Kostüme Anna Wörl, Musik Adrian Sieber
Assoziationen: Theaterkritiken Bayern Mainfranken Theater Würzburg
29. Oktober 1956, Storkow, DDR, südöstlich von Berlin: An der Kurt-Scheffel-Oberschule ist Unerhörtes passiert. Die Abiturklasse hat sich im Geschichtsunterricht fünf Schweigeminuten lang mit den Opfern des niedergeschlagenen Volksaufstands in Ungarn solidarisiert. Der SED-Apparat läuft heiß. Man will unbedingt die Rädelsführer der konterrevolutionären Aktion ermitteln, demonstrativ bestrafen und dann die sozialistische Ordnung wiederherstellen.
Sogar Volksbildungsminister Fritz Lange rückt an und brüllt die Schülerinnen und Schüler stundenlang nieder. Alles ohne Erfolg. Selbst die Drohung, die gesamte Klasse werde vom Abitur ausgeschlossen, zieht nicht. Die Klasse schweigt weiter, auch die Mitglieder, die dem System näherstehen oder Eltern in Parteifunktionen haben. Niemand verpfeift irgendwen.
Also werden alle zwanzig Schülerinnen und Schüler der Schule verwiesen. Ihre Zukunft in der DDR ist mehr als ungewiss. Als erster flieht Dietrich Garstka an Weihnachten nach West-Berlin, 15 weitere folgen ihm innerhalb weniger Tage. Nur vier Schülerinnen entscheiden sich, in der DDR zu bleiben. Auch sie geben trotz des immensen Drucks keine Namen preis.
Dietrich Garstka (1939-2018) hat die Ereignisse fünfzig Jahre später in seinem Buch „Das schweigende Klassenzimmer“ festgehalten. Den Kinofilm dazu gibt es schon, nun feierte am Mainfranken Theater in Würzburg das Theaterstück Premiere.
Regisseurin Anna Stiepani, Dramaturgin Barbara Bily und das sechsköpfige Ensemble haben mit...
Erschienen am 27.2.2024
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