Ästhetik und Widerstand im politischen Theater
Judith Malina und das Living Theatre im Dokumentarfilm
von Kerstin Schmidt
Erschienen in: Recherchen 91: Die andere Szene – Theaterarbeit und Theaterproben im Dokumentarfilm (07/2014)
Der preisgekrönte Dokumentarfilm Resist! Die Kunst des Widerstands (USA 2003)1 begleitet Judith Malina und das Living Theatre auf der Reise zu zentralen Konfliktschauplätzen der Welt.2 Mit ihren Aktionen tritt die Theatertruppe vor Ort gegen Ideologien von Gewalt und Hass an, so etwa beim G8-Gipfel in Genua oder in Khiam, dem ehemaligen Strafgefangenenlager der israelischen Armee im Südlibanon. Der Film von Dirk Szuszies und Co-Autorin Karin Kaper beginnt jedoch mit Bildern von Ground Zero, emblematischer Ort der Terroranschläge und erster Schauplatz in einer Reihe von kriegerischen Auseinandersetzungen, denen das Living Theatre immer wieder seine Botschaft von Frieden, gewaltlosem Widerstand und Utopie-Anarchie entgegensetzt. Der Film zeigt Proben und Aufführungen aktueller Theaterarbeit, gewährt aber über den Produktionsprozess hinaus Einblicke in private Räume und Beziehungen – eine Strategie, die nicht zuletzt als filmische Konfiguration der als Theaterkommune konzipierten Truppe zu lesen ist. Darüber hinaus greifen Szuszies und Kaper auf historisches Filmmaterial zurück und setzen filmische Parallelen zu den legendären Aufführungen von Paradise Now, The Brig u. v. a.
Bei der Untersuchung des Films wird zu fragen sein, inwieweit und auf welche Weise er ein Kontinuum zum historischen Vermächtnis des Living Theatre herzustellen versucht. Auch die Protagonisten des Films thematisieren die Frage nach...