Die Zeit war reif. Jene Zeit, die bekanntlich immer aus den Fugen ist, arbeitete auch in Stefan Migge. Als er vom polnischen Regisseur Bogdan Koca die Rolle angeboten bekam, wusste er: Es ist so weit. Ich bin Hamlet, kein Zweifel! Er würde diese Rolle sich pflücken wie eine reife Frucht vom Baum.
Nach der Premiere von „Hamlet“ im Frühjahr 2014 am Theater Chemnitz sagte ich ihm einige beglückwünschende Sätze. „Mir ist jetzt nicht nach Small Talk“, antwortete er bündig und ging weiter. Ein Schauspieler mit Charakter! Aber es ist ja auch tatsächlich dumm, Hamlet mit einem Glas Wein in der Hand zu sagen: Gut gespielt! Nein, mit Hamlet verhält es sich anders: Hamlet lebt man ganz oder gar nicht in dem Riss, der durch ihn hindurchgeht und der doch der einer kranken Zeit ist. Migge will den ganzen Hamlet, auch dort, wo er aufhört, ihn zu verstehen. Wer also ist Hamlet, ist Stefan Migge? Wir verabreden uns zu einem Gespräch, diesmal nicht im Vorbeigehen, sondern in jener konzentrierten Atmosphäre, die Stefan Migge für seine Arbeit fordert. Zuvor spielte er in der Studiobühne des Ostflügels in Martin Bauchs „Die Erben des Galilei“ (Gewinner des Chemnitzer Theaterpreises für junge Dramatik) eine andere...