Auftritt
Theater Freiburg: Zeitreise des Tyrannen in den Krieg
„Das Wintermärchen“ von William Shakespeare, Deutsch von Peter Handke, Textfassung Dori Parnes und Yair Sherman – Regie Yair Sherman, Bühne Roni Toren, Kostüme Polina Adamov, Musik Avi Benjamin
von Elisabeth Maier
Assoziationen: Theaterkritiken Baden-Württemberg Theater Freiburg
Durch einen Tunnel peitscht die Zeit den König Leontes. Wie in einem bösen Traum zieht das Leben des eiskalten Herrschers an ihm vorbei. Der Tyrann, der seine Ehefrau Hermione töten ließ und die gemeinsame Tochter Perdita in der Fremde ihrem Schicksal überließ, endet im Krankenbett in einer Klinik des 21. Jahrhunderts. Yair Sherman hat William Shakespeares Tragikomödie „Das Wintermärchen“ am Theater Freiburg in Szene gesetzt. Das ist die erste Regiearbeit des israelischen Regisseurs in Deutschland. In seinem Heimatland gehört er zu den spannenden Stimmen seiner Generation. Nun hat ihn Freiburgs Intendant Peter Carp für die deutsche Theaterszene entdeckt. Während der 39-Jährige in der badischen Universitätsstadt probte, wurde sein Land von der radikalislamischen Hamas angegriffen. Seit dem 7. Oktober herrscht im Nahen Osten Krieg.
Zerstörung reflektiert auch Bühnenbildner Roni Toren in seinem Raumkonzept. In den weißen Tunnel, auf den der Bühnenraum zuläuft, fressen sich schwarze Spuren. Das Bild erinnert an eine Explosion. Das Krankenbett mit modernem medizinischem Gerät, in dem Leontes sein Leben aushaucht, weckt Assoziationen an die Opfer. Ist es das, was von der Tyrannenmacht bleibt? Shermans Antwort auf diese Frage ist differenziert. Denn ihm gelingt es, die helle, leichte Seite in Leontes’ dunkler Seelenwelt aufzuspüren. Den abenteuerlichen Tanz begleitet...
Erschienen am 26.10.2023
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