Abschied
Ich erzähle die Geschichte
von Leander Haußmann
Erschienen in: Theater der Zeit: Fuck off (09/2015)
Assoziationen: Akteure
weil sie keiner kennt. Siemens fragte mich Mitte der neunziger Jahre an, ob ich für das zigjährige Jubiläum von denen ein Event im ICC in Berlin machen könnte. Ich rief Bert an. Klar, sagte er, machen wir, gibt doch auch Geld. Wir setzten uns hin und zerbrachen uns den Kopf, was wir für die machen könnten. Also auch unter dem Aspekt der Kunst, des Kommerzes etc. In dieser Zeit kam heraus, dass die Zwangsarbeiter von Siemens aus der Nazi-Zeit nicht entschädigt worden waren. Bert und ich fragten uns, ob wir da wirklich dazugehören wollen. Nein, keiner von uns hatte Lust, einen Farbbeutel an den Kopf zu kriegen, noch dazu von den eigenen Leuten.
Aber der Vertrag war unterzeichnet, die erste Rate schon an uns überwiesen. Und wir entschlossen uns, den Kommerz wegzulassen und nur Kunst zu machen. So saß ein kleines Kind auf einem Dreirad und trieb einen neonleuchtenden SIEMENS-Schriftzug an, der dann überhitzt in Flammen aufging, Hexen flogen auf Staubsaugern durch die Luft, und Computer explodierten unter leidenschaftlichen Liebeskorrespondenzen und so weiter. Wir hatten unseren Spaß. Der Entwurf wurde abgelehnt. Eine Eventagentur wurde beauftragt, die Veranstaltung auf Hochglanz gebracht. Dann eben doch lieber so. Wir wurden nicht mit Farbbeuteln...