Theater der Zeit

Thema

Melancholischer Trost

Die Utopien von Philippe Quesne und Vivarium Studio

Bei Philippe Quesne und seinem Vivarium Studio ist nie klar, ob sich auf der Bühne gerade eine Utopie oder eine Dystopie entfaltet. So unklar wie im Leben. Punkt. Damit könnte unter der Überschrift „Utopie“ eigentlich schon alles gesagt sein über die gleichermaßen berückenden wie verstörenden Inszenierungen des französischen Ausnahmeregisseurs und seines Ensembles. Eigentlich. Doch was sich da wie entfaltet an utopisch-dystopischem Potenzial, welche Sinn- und Unsinn-Tiefen ausgelotet werden, wie alles schwankt und sich munter widerspricht, wie vor, nach oder mitten in der Apokalypse spielerische Gemeinschaften erprobt werden, deren voraussehbares Scheitern zutiefst berührt … das lässt sich auf diese Weise mitnichten abtun, wie unsere Autorin Anke Meyer meint.

von Anke Meyer

Erschienen in: double 48: Gegen den Lauf der Dinge – Utopische Weltentwürfe im Figurentheater (11/2023)

Assoziationen: Kostüm und Bühne Puppen-, Figuren- & Objekttheater Bayern Philippe Quesne Ruhrtriennale Münchner Kammerspiele

Philippe Quesne, Le Jardin Des Délices / Der Garten der Lüste.
Philippe Quesne, Le Jardin Des Délices / Der Garten der Lüste.Foto: © Katrin Ribbe, Ruhrtriennale 2023

Mein Ausgangspunkt ist die kürzlich beim internationalen Figurentheaterfestival in Erlangen gezeigte postapokalyptische Vision „Farm Fatale“, koproduziert 2019 von Philippe Quesnes Vivarium Studio mit den Münchner Kammerspielen. Weniger wortkarg als andere Arbeiten des Regisseurs, auch (scheinbar) weniger mystisch verrätselt kommt dieser musikalische Bilderbogen daher. Fünf charmant staksige Vogelscheuchen, überlebende Gattung des menschengemachten Erd-Desasters, plappern – nach einem langen Schweige-Intro, bei dem ausschließlich Vogelstimmen zu hören sind, denen alle verzückt lauschen – einander und uns Zuschauenden die Ohren voll. Angesiedelt ist das Ganze in einem Landwirtschaftsambiente mit angedeuteter Strohballen- bzw. Heugabelromantik und sterilem Weiß als dominierender Hintergrundfarbe (Bühne: Philippe Quesne). Schon dieses Bild oszilliert zwischen nostalgischer Restidylle und nachapokalyptischer Tabula Rasa. Die bei jeder Aufregung mit den Händen flatternden, skurrilen Scheuchen erzeugen darin eine ebenso immense wie grundlose Zuversicht, die sich von Poesie, Sanftmut und freundlicher Sturheit nährt.

Dabei ist hier nichts mehr „natürlich“: Das durchaus philosophisch, umweltpolitisch und gemeinschaftsethisch grundierte Gequassel der Scheuchen ist stimmlich komplett elektronisch bearbeitet, das Licht scheint unwirklich hell, die Vogelstimmen kommen vom Band – und zwar nicht nur als Inszenierungsnotwendigkeit, sondern auch in der Vogelscheuchenwelt, wie bald klar wird. Denn es gibt nicht nur keine Menschen, sondern auch keine lebendigen Tiere mehr, alles ist nur noch...

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