Bericht
Leichensäcke mit Leichtigkeit
Der Herbstsalon am Maxim Gorki Theater mit szenischen Lesungen aus einer internationalen Schreibwerkstatt und einem überraschenden Ko-Produktionsgastspiel
von Thomas Irmer
Assoziationen: Berlin Dossier: Neue Dramatik Sasha Marianna Salzmann Anastasiia Kosodii Maxim Gorki Theater
Der mittlerweile 6. Berliner Herbstsalon ist in seiner Vielfalt ein kaum noch überschaubares Hausfestival am Berliner Maxim Gorki Theater. Über rund zweieinhalb Monate gibt es seit dem 28. September Ausstellung, Kino, Konzert (die slowenische Band Laibach als großer Auftritt), Lectures und natürlich Theater in den verschiedensten Formen. Die Krisenhaftigkeit der Gegenwart ist das Generalthema, der geografische Umriss des ehemaligen Jugoslawien und Osteuropa. Das Programm ist so umfangreich, dass ein gründliches Studium der Angebote selbst schon ein Abend ist.
Hier also ein Ausschnittbericht für einige Zusammenhänge und über markante Wendungen im theatralen Verhältnis zur Krisen- und Kriegswelt. Am vergangenen Wochenende gab es die Uraufführung „Fucking Truffaut“ des Bliadski Circus Queelective in einer Ko-Produktion des MGT mit dem Teatr Dramatyczny in Warschau. Eine musikalische Groteske zum Thema Krieg in der Ukraine, die bewusst mit den bisherigen Darstellungsformen für diesen Gegenstand bricht. Während bislang mit mehr oder weniger patriotischem Pathos die schwierige bis ratlose Frage nach dem Theater in diesem Krieg aufgeführt wurde, brechen die ukrainische Regisseurin Roza Sarkisian und ihr Queelective (queer collective) das Thema zu einer Art Camp-Revue auf, in der Alexandra Malatskovskaya mit gewaltiger Stimme und zum Publikum flirtenden Gesicht musicalhafte Stummelsongs auf Englisch bietet, deren wiederholter Inhalt sich etwa...
Erschienen am 15.11.2023
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