Auftritt
Theaterhaus Jena: Mama ist jetzt ein Alien
„Die Entführung der Amygdala“ von Anna Gschnitzer (UA) – Regie Pina Bergemann und Babett Grube, Bühne und Kostüm Carolin Pflüger, Musik Moritz Bossmann
von Michael Helbing
Assoziationen: Thüringen Theaterkritiken Pina Bergemann Theaterhaus Jena
Ihr Körper fühlte sich schon vorher wie überfahren an. Jetzt ist er‘s. Eine Frau liegt am Boden, mit, so die Erzählung, Loch im Kopf, Motorhaube in der Fresse, Stoßstange im Gebiss. Und das Hirn hängt aus der Nase. Sie war „wie eine gesengte Sau“ mit dem Fahrrad unterwegs gewesen, ohne Helm, den sie im Büro vergaß, nachdem der Anruf aus dem Kindergarten kam: Die Kleine kotzt und schreit nach Mama. Papa kann mal wieder nicht: ganz wichtiges Meeting, leider, leider.
Also los an einem Tag, der wie jeder andere auch mit Terminen und Verpflichtungen ohnehin nicht geizte. Für Verkehrsschilder und das Rot der Ampel war keine Zeit mehr. Jetzt liegt sie da und jemand schnauzt sie an, sie solle gefälligst aufstehen. „Du bist immer noch Mutter!“ Ihre Amygdala meldet sich derart penetrant fordernd, wechselt aber, als sich so gar nichts tut, Strategie und Perspektive: „Eigentlich ganz angenehm, mal zu liegen. Bisschen Shavasana im Straßenverkehr. Omm!“
Wiederholt trägt Pina Bergemann, die inzwischen im Vereinsvorstand der „Bühnenmütter“ ehrenamtlich aktiv wurde, mit Wut im Bauch und Ironie im Schädel die Mutterrolle auf eine Bühne in Jena. Zwischen Dichtung und Wahrheit sowie durch mehrere Theaterformen hindurch zog die Schauspielerin und Regisseurin hier vor zwei...
Erschienen am 7.3.2024
