Die Evakuierung endet draußen in einer Sackgasse. Jeder, der vor der Vorstellung seine Jacke abgegeben hat, friert. Das ist in diesen Minuten bedeutsamer als die Gestalt mit Sturmhaube und MP im Anschlag, die auf einem Containerdach lautstark gegen Metallstreben tritt.
Nun kann es natürlich sein, dass Theaterzuschauer den Einbruch einer Bedrohung in eine Aufführung selbst dann als inszeniert wahrnähmen, wenn echte Terroristen das Gebäude stürmten. Dass eine Mischung aus Trägheit und Gewöhnung an den dramatischen Konflikt sie so lange einlullt, bis echte Schüsse fallen. Doch im Kleinen Haus des Stadttheaters Ingolstadt hat man zu diesem Zeitpunkt schon so seine Erfahrungen mit Alarmsignalen gemacht, hinter denen dann doch nichts weiter steckt. Auf dem Spielplan steht „Big Guns“ der britischen Autorin Nina Segal, das im März 2018 in London uraufgeführt wurde. Zwei Spieler respektive Stimmen sezieren darin unseren schizophrenen Umgang mit der Gewalt. Denn während sich die Angst über ihre Zunahme entgegen ihrer faktischen Abnahme perpetuiert, delektieren wir uns an ihr via TV-Krimis, IS-Enthauptungs-Videos, Newsfeeds und Social Media.
Segals Versuch über unsere angstlustige Gesellschaft hat ihr österreichischer Kollege Thomas Arzt in eine gut durchrhythmisierte Partitur aus Satzfragmenten übertragen. In Mareike Mikats deutschsprachiger Erstaufführung wird sie von zwei Frauen szenisch ausagiert.
Die neue...