Die (finanzielle) Wende
Erschienen in: 70 Jahre Zukunft – Theater der Jungen Welt Leipzig (03/2017)
Assoziationen: Theater der Jungen Welt
1990 war’s, in der Zeit, zu der sich Oper und Schauspiel aus dem gemeinsamen Theaterverbund herauslösten und das kleine Theater der Jungen Welt ohne Spielstätte, aber zumindest mit sechzig tapferen Überlebenskünstlern übrig blieb. Ein paar Räume im vierten Stock des Hinterhauses der damaligen Neuen Szene mit ausrangierten Möbeln, das museale Dienstfahrzeug des ehemaligen Generalintendanten und ein Weniges an Technik – so war unser Neubeginn. Gespielt wurde mal hier, mal dort, wo es sich gerade anbot. Jene Spielstätten – bis auf das Haus der Volkskunst, das heutige Theaterhaus – gibt es mittlerweile nicht mehr. Wenn möglich, versuchte man, mit kleinen Gastspielen ein paar Mark zu erhaschen. Auf dem Gelände der AGRA in Leipzig-Dölitz fand in dieser Zeit eine Veranstaltung einer damals noch recht populären Partei statt, zu der auch als Gast ein gewisser Theo Waigel – seines Zeichens Bundesfinanzminister und Vorsitzender der CSU – geladen war. Kurzerhand verabredeten wir mit dem Veranstalter ein Mini-Gastspiel für die Kinder der Teilnehmer. Ich besaß die Frechheit, dem mir bekannten Veranstaltungsleiter unsere finanzielle und allgemeine Notsituation so tränenrührend darzustellen, dass er mich zu Theo Waigel schleppte und mit den Worten vorstellte: »Das ist der Direktor des Kindertheaters, dem ist 1989 das Theater abgebrannt worden.« Zumindest...