Theater der Zeit

Dem Gedächtnis eines Großen

Dem Gedächtnis eines Großen. Max-Reinhardt-Gedächtnisfeier im Deutschen Theater

In memoriam Max Reinhardt

Im Deutschen Theater in Berlin fand am 16.06.1946 eine Max-Reinhardt Gedächtnisfeier statt. Ein Chor von Stimmen seiner Freunde und ehemaliger Mitarbeiter sowie Vertretern der Besatzungsmächte rief in zahlreichen Gedenkreden die Erinnerung an den großen Meister der Bühne wach, der im Jahr 1944 in Kalifornien, fern seiner einstigen Wirkungsstätte, starb. Er wurde damals in Deutschland geschmäht und galt als Geächteter, ebenso wie der im ersten Weltkrieg gefallene Maler Franz Mare, der kurz vor seinem Tode schrieb: „Wie schön, wie einzig tröstlich zu wissen, daß der Geist nicht sterben kann, unter keinen Qualen, durch keine Verleugnungen, in keinen Wüsten. Dies zu wissen macht das Fortgehen leicht.“ Max Reinhardt beherrschte das Gesetz der Linie ebenso wie den Gustav von Wangenheim Bogen; Straffung und Lockerung paarten sich in seiner Werkleistung zu einer weltumspannenden Kulturtat. Sein Name ist heute in Berlin verewigt durch die Umbenennung der Karlstraße in Max-Reinhardt-Straße. Anläßlich der Feier im Deutschen Theater sprachen Oberbürgermeister Dr. Werner; ferner Intendant Gustav von Wangenheim und der langjährige Weggefährte Max Reinhardts Eduard von Winterstein (deren Reden wir nachstehend auszugsweise veröffentlichen). Besondere Bedeutung erhielt die Veranstaltung durch die Anwesenheit von Vertretern der Besatzungsmächte: Major Dymschitz von der sowjetischen, Major Bell von der englischen und Frederic Mellinger von der amerikanischen Militärverwaltung, deren Ansprachen wir im vollen Wortlaut wiedergeben.

von Gustav von Wangenheim

Erschienen in: Theater der Zeit: Zeittheater oder Theater der Zeit? (07/1946)

Assoziationen: Berlin Akteure Deutsches Theater (Berlin)

Als vor nunmehr einem Jahr das Deutsche Theater den Namen Max Reinhardts annahm, war dieser Akt ein Teil der Wiederherstellung der deutschen Ehre vor der Welt. Und auch die Besonderheit der heutigen Ehrung liegt darin, daß wir für unsere Ehre nehmen, daß der Geehrte uns die Ehre gibt.

Als Reinhardt aus Deutschland vertrieben, als er dank der Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft der Vereinigten Staaten amerikanischer Bürger wurde, war in Deutschland die nationale Phrase obenauf. Wir haben gesehen, wie die Nation abstürzte wie nie zuvor. Es ist erhebend, daß es ein großer deutscher Künstler, ein Theatermann, daß es unser Max Reinhardt ist, der uns zum erstenmal in diesem so zauberhaft schönen Raum seiner Kunst als Deutsche mit den Vertretern der Menschheit in Gleichberechtigung zu einer gemeinsamen Handlung vereinigt.

An diese Besonderheit des heutigen Tages lassen Sie mich anknüpfen. Ich habe dazu auch einen besonderen Anlaß.

Unsern persönlichen gefühlsmäßigen Bindungen an Reinhardt hatte ich das Glück und die Freiheit in Moskau vor aller Welt im Rundfunk Ausdruck zu geben, als hier noch die Hitler und Goebbels ihr Unwesen trieben und es unmöglich war, ein offenes Bekenntnis für Max Reinhardt abzulegen. Und wenn mir Kollegen erzählen, sie hätten mich zitternd gehört, so wissen sie,...

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