Kolonialismus und imperiale Modernisierung
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Alle gegenwärtig produzierbaren und verkaufbaren Dinge und Tätigkeiten darbietend, zeigten die Weltausstellungen auch das aus der kolonialisierten Peripherie der European World-Economy Vereinnahmte.148 Die Akkumulation des Kapitals und frühe kapitalistische Verhältnisse hatten sich in einem komplexen Gemenge soziopolitischer Brutalität, schamloser Räubereien und staatlicher Zwangsmaßnahmen in Europa herausgebildet, erst in den kleinterritorialen Stadtstaaten des 15. Jahrhunderts, vor allem in Oberitalien, mit der Niederhaltung und Ausbeutung der Arbeiter für die Tuchindustrien; dann in den wachsenden zentralen (National-)Staaten des 16. Jahrhunderts mit der gewaltsamen und/oder betrügerischen „Verwandlung“ von Gemeindeländerein in Privateigentum, mit der ungemein harschen Gesetzgebung und Vollstreckung gegen Vagabundage und Bettelei und dem bereits skizzierten staatlichen Zwang zur/in die harte Lohnarbeit des 16. und 17. Jahrhunderts.
Unterwerfung und Ausbeutung der nicht-europäischen Welt war ein Hauptglied in der Kette der Gewalttätigkeiten. Sie begann nach den Kreuzzügen mit den maritimen Handels- und Kriegsausflügen seit dem 13. Jahrhundert (Vasco da Gamas Reise nach China) und ging bis zu der historisch entscheidenden Entdeckung und Kolonialisierung Amerikas im 16. Jahrhundert. „In the late 15th century, Henry VII. of England gave John Cabor the advice to ‚discover, explore, conquer, occupy and take into possession, all the lands he would find overseas‘.“149 Die Kolonialisierung als imperiale Ausbeutung der...