Sieben Frauen unterschiedlicher Herkunft
von Atom Egoyan
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Als ich dazu eingeladen wurde, meine Installation Auroras am Gorki zu zeigen, habe ich, wenn ich mich recht erinnere, einen Moment gezögert. Die Arbeit wurde bis dato in verschiedenen Galerien und anderen eher traditionellen Settings gezeigt. Aber ich war sehr beeindruckt von Shermin Langhoffs beispielloser Entscheidung, eine Spielzeit an ihrem gefeierten Theater in den Geist des Gedenkens an den Völkermord an den Armenier*innen zu stellen. Vor allem wusste ich, dass das ein außergewöhnlicher Akt der Versöhnung und Solidarität seitens einer Theaterleiterin war, die ihre eigene komplexe Geschichte mit diesem Ereignis hat. Es war auch hilfreich, dass meine Frau, die Schauspielerin Arsinée Khanjian, eine Idee hatte, die der Arbeit eine ungewöhnliche „Inszenierung“ bescherte.
In Auroras treten sieben Frauen unterschiedlicher Herkunft auf, die alle dieselbe Geschichte erzählen – die von Aurora Mardiganian, einer Überlebenden des Völkermords an den Armenier*innen, aus der Ich-Perspektive. Arsinée wurde schon einmal vom Gorki eingeladen, ein Stück, das auf dem Leben dieser Frau basiert, auf die Bühne zu bringen (ich überlasse es ihr selbst, von dieser Erfahrung zu berichten!), aber meine Version stützte sich auf das Konzept, dass die „Glaubwürdigkeit“ der Erzählung eines Augenzeug*innenberichts vollständig von der Qualität seiner dramatischen Darstellung abhängt. Diese Prämisse hat etwas Zerbrechliches und...