Nachruf
Krücke
von Elisabeth Fues
Erschienen in: 70 Jahre Zukunft – Theater der Jungen Welt Leipzig (03/2017)
Assoziationen: Akteure
In meiner ersten Spielzeit am Theater der Jungen Welt, Anfang 2006, stand er mir gegenüber: ein kleiner drahtiger Mann, fast 80, sehr humorvoll, charmant und witzig. In »Zimmer frei« spielte ich ein pubertierendes, trauriges Gothic-Mädchen, er einen spießigen Witwer. Diese zwei sollten sich in einer WG arrangieren. Das Ganze in einer Komödie mit Wortwitz und Slapstick.
Am Ende wurde es ernst, denn der alte Herr hatte es nicht nur »manchmal mit den Ohren«, sondern auch mit dem Kreislauf und dem Herzen. Krücke hatte es auch mit dem Herzen, was ihn aber nicht davon abhielt, vor jeder Vorstellung edle, schlanke Zigaretten zu rauchen, danach natürlich Pfefferminz, ein Gentleman eben.
In der letzten Szene saßen wir zusammen im Sarg, der dem Gothic-Mädchen als Bett diente, ich hielt ihn im Arm, denn er schien ernst zu machen mit der Voraussage, dass es vielleicht nicht mehr so lange gehe mit ihm. Nach einer Probe dieser letzten Szene sagte mir Krücke ganz im Vertrauen, es sei wirklich sehr schön, wie ich ihn da im Arm halte, aber ob ich doch bitte aufpassen könne, nicht auf seinen Herzschrittmacher zu drücken, wenn ich ihn herze.
Irgendwann wollte Krücke das Stück nicht mehr so gerne spielen, er wollte...