Nichts ist leichter, als diese „Iphigenie“ zu verdammen, so manieriert, verrätselt und nervig gebärdet sie sich. Dabei kommt sie, obwohl zum Auftakt der Goethe Festwoche gegeben, ganz ohne Goethe-Worte aus. Das ist beim Regisseur Ersan Mondtag nicht verwunderlich, da er sich meist mehr um Bilder als um Worte schert. Seine „Iphigenie“ gleicht dabei einem Assoziationsgewitter der maßlosen Art. Die Bühne gibt sich als rot gewandeter, schick düsterer Ort, ein Zwischending aus Badetempel und Altarraum. Im Vordergrund der Kammerspiele öffnet sich ein kleines Becken und hinten ein großes, knöcheltief mit Wasser gefüllt. Figuren umstehen die Bühne wie Statuen. Eine spricht heilige Worte auf Griechisch, zumindest hört es sich heilig und griechisch an. Die Worte evozieren Fremdheitsgefühle, die dem Mythos um die geopferte Königstochter gut anstehen.
Im Laufe des nicht viel länger als eine Stunde währenden Abends formiert sich dann eine Schar von Männern und Frauen, allesamt bloß in knallroter Badehose, zu immer wieder neuen bildmächtigen Konstellationen. Das Wasser im Becken sieht mal wie Blut aus, dann markiert es den Ursprung allen Lebens, ist mal Ursuppe, mal Jungbrunnen. Gegen Ende winden sich die Darsteller darin als hilflos greinende Babys, wie an dem Abend ohnehin immer wieder fürchterliche Schreie und Jammertöne qualvoll hinaustönen....