Gorkis Ideale
von Osman Kavala
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
1980 kam ich zum ersten Mal nach Berlin. Selbst jemand von außerhalb wie ich bemerkte sofort diese sich von anderen deutschen Städten unterscheidende, ganz eigene Atmosphäre, das besondere soziale Gefüge. Es war so aufregend wie die Entdeckung eines unbekannten Kontinents.
Bei einem späteren Besuch hatte ich das Gefühl, einer ganz anderen Stadt zu begegnen. Die neue Hauptstadt des vereinten Deutschlands entwickelte sich rasch zu einer der Kulturhauptstädte Europas. Insbesondere Künstler*innen, die sich auf der Flucht vor autoritären Regimen, vor Kriegen und Konflikten hier ansiedelten, bekamen die Chance, aktiv am kulturellen Leben dieser neuen kosmopolitischen Metropole teilzunehmen, sie konnten sich als Berliner Bürger*innen fühlen. Natürlich auch deswegen, weil sie Fonds für Kunst und Kultur sowie die Möglichkeiten nutzen konnten, die Kultureinrichtungen ihnen boten.
Von einem solchen Geist des Aufbruchs war wiederum später auch das Gorki Theater beseelt, als meine Freundin Shermin Langhoff dort die Leitung übernahm. Die Pionierarbeit, die sie dort leistet, erfüllt mich mit großem Stolz. Die Nähe zwischen dem Kunstverständnis, das das Gorki-Programm prägt, und den demokratischen, humanistischen Werten, mit denen meine Kolleg*innen bei Anadolu Kültür und ich unsere Arbeiten durchführen, verbindet mich stark mit dem Haus.
Wenn das Gorki Theater mit seinen Projekten dazu anregt, sich über die...