Der historische Kontext
Vertreibung des Menschen aus der Kunst
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Auf übergreifende Grundzüge der historischen Wandlungsprozesse um 1900 gerichtet, spricht Thomas Kuchenbuch von einer beginnenden Herrschaft des Abstrakten in Technik, Finanzwirtschaft und Verwaltung. Die Situation sei mit „Globalisierung“ zu umschreiben. Die Vernetzungen im Bankwesen als die Möglichkeiten und Bewegungen des Geldverkehrs ließen von einem globalen Brückenschlag sprechen bei gleichzeitiger „Distanz zwischen Ich und den Dingen“ durch das Geld-Ware-Verhältnis, bei einem „Übergewicht der Intellektuellen über die Gefühlsfunktionen“ und der „Charakterlosigkeit und Objektivität“ des neuen geldgeprägten Lebensstils und des beschleunigten Tempos der Lebensvorgänge.292 Das „vornehmste Gesetz des Weltverkehrs“, so Markus Krajewski, laute „Maximierung der Geschwindigkeit“. Die Forderung „nach Restlosigkeit einer künftigen Vernetzung“ entstehe in einem Kontext, der „unter dem Etikett ‚Wirtschaftlichkeit‘ eine nie da gewesene Effizienz zu implementieren trachtet“. So wurde ein neuer „Abstraktionsgrad weltweiter Kommunikation“ gewonnen. Es mute erstaunlich an, wie aufgeregt heute vermeintlich neue Prozesse unter der Bezeichnung Globalisierung diskutiert werden. „Strukturell derselbe Vorgang vollzieht sich um 1900 offenbar stillschweigend“.293
Fuchs und Craigs Konzepte wiesen auf das, was als Aufbruch des westlichen Theaters zu gleichsam „abstrakten“ Kunstformen führen wird, zu Darstellungen, die sich jeder Bedeutungsproduktion verweigern und Jahrzehnte später in das idolisierte „reine“ Happening und/oder die „reine“ Performance münden sollten. Heute, so Georg Fuchs zu Beginn des...