Look Out
So tun, als ob man so tut
Auf der Flucht vor der Hölle des Relativierens – Das Kollektiv Fake[to]Pretend ringt um klare Aussagen
Erschienen in: Theater der Zeit: Jammer und Glorie – Der Regisseur Krzysztof Warlikowski (12/2014)

Dramaturgentheater! Der Ausdruck ist beinahe ein Schimpfwort. Was also ist von einem Kollektiv zu halten, das aus fünf ehemaligen Dramaturgiestudenten der Bayerischen Theaterakademie besteht, die sich 2011 unter dem Label Fake[to]Pretend zusammengefunden haben und sich als Think-Tank definieren? Kopflastige Konzeptkunst? Es sei tatsächlich die „unglaubliche Lust am Denken“, die alle verbinde, erklärt Tobias Ginsburg lächelnd. Worauf Benno Heisel sofort versichert, dass sämtliche Mitstreiter aber auch praktische Erfahrungen mitbrächten. Daphne Ebner beispielsweise kommt vom Tanz. Heisel wiederum hat immer schon viel Musik gemacht.
Schon „Malinche“ (2011), eine der ersten Produktionen von Fake[to]Pretend, lieferte den Beleg, dass Dramaturgen mehr als nur Kopfgeburten zuwege bringen. Die als „Herrenabend“ annoncierte Aufführung erwies sich als ebenso sinnreiche wie sinnliche Auseinandersetzung mit dem Blick auf die Frau in der Geschichtsschreibung – der vornehmlich ein männlicher ist. Malinche war eine Aztekin, die dem Konquistador Hernán Cortés als Übersetzerin und Konkubine diente. Ihr Bild in den Chroniken, geprägt vom Blick der Eroberer, umfasst das gesamte Spektrum zwischen Heiliger und Hure. Sie war Opfer männlicher Machtausübung und der Kolonisation zugleich. Auch eine Invasion ist nur eine andere Form der Penetration. Rein inhaltlich harter Tobak. Aber welch ein Theatervergnügen bereitete diese Performance! Wie da mit virtuosem Dilettantismus eine reißerische TV-Doku...