Ballhaus Naunynstraße
Erschienen in: Andere Räume – Die Freien Spielstätten in Berlin (04/2021)
Assoziationen: Berlin Freie Szene Ballhaus Naunynstrasse
Das Ballhaus Naunynstraße hat die deutschsprachige Theaterlandschaft nachhaltig verändert. Es hat mitten in Kreuzberg einen Raum für etwas Neues geschaffen: das postmigrantische Theater.
Die wechselhafte Geschichte seines Gebäudes beginnt im Jahr 1863 mit einem Bauantrag für ein viergeschossiges Wohnhaus und einen Tanzsaal. Da die Bauvorschriften im Deutschen Reich auch dem umfassenden staatlichen Wunsch nach Kontrolle und Zensur kultureller Veranstaltungen Rechnung trugen, musste Ferdinand Renz, der Besitzer von „Graumann’s Festsälen“, den Behörden schriftlich versichern, dass das Musikpodium nur „dazu dienen soll, Rednern und Vortragenden Gelegenheit zu geben, von einem erhöhten Standpunkte aus bei festlichen Anlässen ein Kaiserhoch u.s.w. ausbringen (…) zu können“.
1938 wurde das Saalgebäude von der Reichshauptstadt Berlin übernommen und diente während des Krieges der Unterbringung von Zwangsarbeiter:innen, die u. a. beim Bau des Fichte-Bunkers eingesetzt wurden. Dass das Ballhaus heute überhaupt noch als Spielstätte genutzt werden kann, ist einigen Denkmalpfleger:innen im Sanierungsgebiet Kreuzberg zu verdanken, die sich bei einer Ortsbegehung 1972 für den Erhalt des Ballhauses und seine Restaurierung eingesetzt haben. So konnte es ab 1983 vom Kunstamt Kreuzberg als öffentliches Kulturzentrum betrieben werden. Im Jahr 2008 setzte Shermin Langhoff, die zuvor an der von Matthias Lilienthal geleiteten Spielstätte HAU das Festival „Beyond Belonging“ kuratiert hatte, in diesem...