Geschichten von Menschen
von Dimitrij Schaad
Erschienen in: Zeitgenoss*in Gorki – Zwischenrufe (03/2023)
Was ich am häufigsten von Zuschauer*innen über das Gorki gehört habe, ist: Es fühlt sich nicht an wie Theater. Eigentlich absurd, das in einem Theater anzustreben. Aber ich verstehe sehr gut, was sie meinen. Es gibt hier eine Leichtigkeit, eine Schwerelosigkeit, eine Unverkünsteltheit – kurzum eine Direktheit, die sie nirgendwo anders fanden.
Wir sind angetreten, um Geschichten erzählen, die eine echte Relevanz haben und die noch nicht von der Mehrheitsgesellschaft erzählt wurden. Geschichten von Menschen, die anders leben und lieben. Und vor allem Geschichten, die berühren wollen. Ein Theater, das sich traut, emotional zu sein, direkt eben. Im besten Fall direkt ins Herz treffend. Ich lasse mich gern korrigieren, aber wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht, hatte das zuvor kein anderes Berliner Theater zum Ziel. Und das Beste daran ist: Dieser Stil war kein Programm. Er war eine Notwendigkeit. Niemand hat ihn vorgegeben, er entstand einfach. Wie bei einer Ameisenkolonie, die ihrer DNA folgt und einen Hügel baut, ohne zu wissen, warum eigentlich, haben wir getan, was wir tun mussten. Und dieser Stil musste sich nicht mal entwickeln. Wir traten an mit der Stimmung „Wir gegen den Rest der Welt“, und plötzlich war er magischerweise schon in der ersten Spielzeit...