Was ist der Mensch, was ist ein Virus? In „Krieg der Viren“, einer von Heiner Müller zunächst für das späte Stück „Germania 3“ vorgesehenen, dann aber doch nicht berücksichtigten Szene, fragt ein Autor den Regisseur: „Krieg der Viren. Wie beschreibt man das.“ Und fährt fort: „Gott ist vielleicht ein Virus / Der uns bewohnt.“ Etwas einfacher, aber umso eindrücklicher notierte Müller: „Was der Planet für uns ist, das sind wir / für Viren und Bakterien“. Wer bewohnt eigentlich wen, das ist die Frage in „Krieg der Viren“. Und wer wem ein Feind ist.
Das steht auch in Müllers Revolutions- und Lehrstück „Mauser“ zur Debatte. Die Premiere der russischen Erstaufführung fand am 21. März im gespenstisch leeren Alexandrinski-Theater in Sankt Petersburg statt. Die Inszenierung von Theodoros Terzopoulos war aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus für das russische Publikum gesperrt, es wurde ein Stream angeboten. Der griechische Regisseur Terzopoulos lernte in den siebziger Jahren als Hospitant und Meisterschüler am Berliner Ensemble Müller kennen. Müller übte nicht nur einen großen Einfluss auf ihn aus, es entwickelte sich auch eine andauernde Arbeitsbeziehung. Das wirkt sich nun schon zum zweiten Mal auf das russische Theater und die dortige Müller-Rezeption aus. Bereits 1993 hatte Terzopoulos...