Bestandsaufnahme
Kraft in der Vielfalt
Die tschechische Theaterlandschaft
von Jitka Šotkovská, Michal Zahálka und Jan Kerbr
Erschienen in: Theater der Zeit Spezial: Tschechien (09/2018)
Assoziationen: Europa
Das Theater spielte in der tschechischen Kultur seit jeher eine bedeutende Rolle – und das nicht nur in der Hauptstadt. In der Barockzeit gab es auf dem Land eine lebendige Tradition von weltlichen und religiösen Volksstücken, seit Ende des 18. Jahrhunderts nutzten die Vertreter der „nationalen Wiedergeburt“ das Theater zur Stärkung einer tschechischen nationalen Identität. Heute erstreckt sich die tschechische Theaterlandschaft von der Prager Innenstadt über größere und kleinere Städte bis hin zu kleinen Dörfern, wo man aktive Laienvereine und experimentelle Gruppierungen findet.
Theater in Prag
Die Anfänge institutionalisierten Theaters in Prag reichen zurück bis zu den Jesuitenklostern und den Adelspalais des 17. und 18. Jahrhunderts. In der Stadt und auf den Herrensitzen im Umland wechselten sich zu jener Zeit Schauspielgesellschaften italienischer, deutscher und englischer Provenienz ab. Der erste öffentliche Theaterbau war ab 1738 das Theater an den Kotzen/Divadlo v Kotcích; dessen Funktion übernahm 1783 das heutige Ständetheater/Stavovské divadlo, das nicht nur als architektonisches Baudenkmal berühmt ist, sondern auch als Prager Wirkungsstätte Mozarts und als Uraufführungsort seines „Don Giovanni“.
Auf der Bühne wurde damals, bis auf Ausnahmen, auf Deutsch gespielt. Eine Gruppe tschechischer Patrioten bemühte sich seit Ende des 18. Jahrhunderts um kontinuierliche Aufführungen in tschechischer Sprache, sowohl in eigens...