Dritter Vortrag
Erschienen in: Recherchen 107: Roland Schimmelpfennig – Ja und Nein/Sí y No – Vorlesungen über Dramatik/Conferencias sobre Dramática (07/2014)
3.1.
Vor einigen Jahren wurde in den Zeitungen über eine Jeff-Koons-Ausstellung in Versailles berichtet, vor nicht allzu langer Zeit fand etwas Ähnliches in Basel statt.31 Koons hat dort scheinbar unter anderem eine seiner sehr großen glänzenden Skulpturen ausgestellt: einen Hund, genauer eines dieser Modellierballons nachempfundenen Tiere, diese Luftballontiere. Die Exponate sorgten scheinbar bei manchen Leuten für Ärger.
Aber: „Auf der Bühne hören die Dinge auf zu sein und fangen an, etwas zu bedeuten“, um noch einmal André Müller zu zitieren. Vermutlich lässt sich dieser Satz auf vieles andere in der Kunst übertragen: Die Dinge, die wir ins Licht stellen, ins Bild rücken, auch im Palast von Versailles, hören auf zu sein und fangen an, etwas zu bedeuten. Die Frage ist nur, was? Die Frage ist, ob wir die Bedeutungen lesen können. Ob es die Zeichensysteme noch gibt.
Vor ein paar Jahren war ich mit meiner Familie in Mexiko. Es war eine heiße Nacht, und wir waren in einer sehr einfachen Taceria, mit großen Holzöfen, grell gelb gestrichenen Wänden im Neonlicht. Ein Fernseher lief. Und dann kam ein Luftballonverkäufer in das Lokal. Und daraus entstand später ein Stück, Die vier Himmelsrichtungen, ein trauriges, feines und grobes Stück, ein Stück...