Die 1980er Jahre
von Joachim Fiebach
Erschienen in: Welt Theater Geschichte – Eine Kulturgeschichte des Theatralen (05/2015)
Die 1960er und 1970er Jahre schienen die vorsichtige Frage, ob Theaterkunst in der audiovisuell durchmediatisierten Gesellschaft noch eine wichtige kulturelle Produktion sein würde, positiv geklärt zu haben – jene Frage, auf die Rudolf Münz und ich Ende der 1960er Jahre mit dem dann abgebrochenen Projekt zu Geschichten von Theater eine Anwort gesucht hatten.194 Damals hatten nicht zuletzt Teile der audiovisuellen Darstellungen in den Medien ermöglicht, sich ein genaueres, ein kritisch-stimmiges Bild zeitgeschichtlicher Vorgänge zu machen. Die in Windeseile durch die Welt eilenden Bilder vom Vietnamkrieg, den Bürgerrechtskämpfen in den USA und von den schwierigen Prozessen der Entkolonisierung in Afrika ließen repressive Realitäten des Kapitalismus deutlich hervortreten und drängten so die Hohlheit seines ideologischen Rüstzeugs, der unablässigen Rede von der westlichen Welt als dem Gipfel des Zivilisierten und hehren Hort von Freiheit und Menschlichkeit, brutal in die Wahrnehmung. Der Skandal des enormen Widerspruchs – die Lügen – war wohl nicht zuletzt ein Beweggrund für die bis in aufstandsähnliche Aktionen/Ereignisse mündenden Massenproteste im Pariser Mai 1968, vor deren Horizont sich das kritische Theater in Europa und Nordamerika entfaltete.
Von dieser Perspektive aus betrachtet – ich versuche das in einem Abschlusskapitel zu diskutieren – dürfte es wenig wahrscheinlich sein, dass kritische Theaterkunst...