Aktuelle Herausforderungen für ein Theater der Peripherie
Ein Theater leiten in Yverdon-les-Bains, im nördlichen Waadtland
von Georges Grbic
Erschienen in: Arbeitsbuch 2025: diversité suisse – landscapes des zeitgenössischen theaters (07/2025)
Assoziationen: Schweiz
Ein Theater an der Peripherie eines urbanen Zentrums der zeitgenössischen Theaterproduktion zu leiten, wirft die Frage nach der Funktion des Randes auf:1 Ist ein Rand leer und ist seine Funktion bloß, den Text in der Mitte der Seite hervorzuheben? Ist ein reines Gastspielhaus, das keine eigenen Stücke produziert und auch keine echten Mittel dafür hat, nichts weiter als ein leerer Behälter, in dem nur gezeigt wird, was andernorts entstanden ist?
Das hieße, den Zweck von Tourneen auf einen bloßen Akt kultureller Kolonisierung zu reduzieren und die zentrale Rolle, die den vielen wichtigen Theatern in den Städten der Romandie zukommt, zu verkennen – sowohl im Hinblick auf die historische Besonderheit ihrer Gründung als auch auf die Aufgaben, die ihnen heute anvertraut sind. Das Theater ist eine zutiefst kontextuelle Kunstform und seine Entwicklung in einer Region ist geknüpft an sehr konkrete Erwartungen und Bestrebungen der regionalen Kultur.
In diesem Sinne kann die Marginalität ins Zentrum der Kreation rücken. Ein Gastspieltheater im nördlichen Waadtland zu leiten, in einer Stadt am Fuße des Juragebirges, am Ende des Neuenburgersees, bedeutet in erster Linie, in einem Saal mit 440 Plätzen ein Publikum zusammenzubringen, das unterhalten sein will, schon, aber auch eine Einwohnerschaft, die sich im...
