Hart, aber poetisch

Businessman des Living Theatre

Das Theater der Dinge hat keine ihm eigene Literatur. Kaum eine zumindest. Jedenfalls nicht im deutschsprachigen Raum. Als Theaterform, die sich lange Zeit eher fern von staatlichen Institutionen hielt und der oft nicht die Bedeutung des Schauspiels beigemessen wurde, etablierte sich mit der Dramatik an den großen Bühnen keine separate für Puppen. Nichtsdestotrotz gab es auch in früheren Zeiten schon Schnittstellen, an denen Literatur und Puppen aufeinandertrafen. Lars Rebehn skizziert einen Längsschnitt über die Literatur als Textproduzentin für das Theater der Dinge. Nicht jeder Text schaffte und schafft es, Puppenspielenden eine gute Grundlage zu sein für die Arbeit mit Material. Aus diesem Grund stellt sich Hans-Jochen Menzel der Frage, nach welchen Kriterien man Texte für das Puppentheater auswählen kann und macht vier Arten aus, auf die er einen Text liest. Ist es da nicht einfacher, Schreibende und Spielende schon im Studium auf die Chancen von Zusammenarbeit aufmerksam zu machen? Ein solcher Versuch ist das Format „Puppen&amp;Stifte“. Mona Schlatter spricht dazu mit drei Teilnehmerinnen dieses Kooperationsprojektes des Studiengangs Zeitgenössische Puppenspielkunst der HfS „Ernst Busch“ und dem Studiengang Szenisches Schreiben an der UdK Berlin. Einen wiederum anderen Weg begeht das dfp, wenn es in diesem Jahr zum ersten Mal gemeinsam mit dem...

Worte formen – Zum Verhältnis von Puppe und Text

Kürzlich meldete sich bei uns in der Dramaturgieabteilung des Puppentheaters Magdeburg eine Lektorin eines größeren Verlags. Sie hätte bei einem neuen Stück, das zur Uraufführung offen ist, an die Umsetzung durch Figurentheater gedacht. Wir waren alle überrascht und erfreut – selten denken Dramatiker*innen beim Schreiben oder Lektor*innen beim Lesen nicht ans Schauspiel. Wir lasen und verstanden den Impuls, teilten die Einschätzung aber nicht. In dem Text treten nicht menschliche Akteur*innen auf – Tiere, aber auch unbelebte Dinge wie Schuhe, die handeln und sprechen. Die Darstellung durch animierte Objekte liegt also nahe. Aber nicht wer oder was auftrat, sondern wie, machte für uns den Unterschied: Der Text funktionierte dialogisch, die Situationen waren meist statisch, wenig passierte oder veränderte sich. Man hätte auf der Bühne also animierte Dinge, die sehr viel miteinander sprechen. Aber es gab wenig Assoziationsräume für eigene visuelle Ideen, wenig Spielraum für mehrere Bedeutungsebenen. Es ist kein Zufall, dass im Puppentheater so oft Bilderbücher adaptiert werden. Der österreichische Autor Andreas Jungwirth ist sich sicher: Die meisten Kolleg*innen wissen gar nicht um die immensen Möglichkeiten des Figurentheaters. Jungwirth ist einer von fünf Autor*innen, die für „100 Sekunden“, das Eröffnungsprojekt der Spielzeit 2023/24, der ersten der Intendantin Sabine Schramm, einen Schreibauftrag...

Zu Beginn der ersten Spielzeit der neuen Intendantin Sabine Schramm am Puppentheater Magdeburg wurden vier Stückaufträge an Autor*innen vergeben, aus denen am 6. Oktober 2023 der gemeinsame Abend „100 Sekunden“ entstand. Dramaturgin Sofie Neu sprach noch einmal mit den Beteiligten darüber, was Texte für Puppentheater kennzeichnet.

Vier Schreibaufträge für „100 Sekunden“ am Puppentheater Magdeburg

Die Dinge, die die Welt bedeuten

Captain Hook fliegt ein

In traditionellen Handpuppenbühnen gab es gewöhnlich nur einen Spieler, in Marionettenbühnen zwei bis vier Spieler und Sprecher. Diese vermeintliche Schwäche war aber auch eine Stärke, da Schauspielbühnen mit einem bis drei Dutzend Akteuren eines zahlungskräftigen Publikums und einer viel stärkeren Koordination bedurften. Schauspieltexte wurden bereits im 17. Jahrhundert niedergeschrieben, waren Eigentum der Prinzipale, wurden von den Souffleuren verwaltet und den Schauspielern nur in Auszügen, den „Rollen“, ausgehändigt. Dieses sollte verhindern, dass die Akteure mit den Texten zu anderen Bühnen übergingen. Brauchbare Texte wurden kaum gedruckt. Das Handpuppenrepertoire entwickelten die Spieler seit dem 13. Jahrhundert selbständig. Es hatte im Verhältnis zum Dialog einen hohen spielerischen Anteil und verbreitete sich über Sprachgrenzen hinaus in ganz Europa und dies in relativ kurzer Zeit. Es gab nur kurze, fünf- bis zehnminütige Szenen, die alle damit endeten, dass die lustige Figur (Meister Hämmerlein, Pulcinella, Kasper) eine zweite Figur nach den Regeln der Kunst erschlug. An der spannendsten Stelle wurde bei den Zuschauern das Geld eingesammelt. Alle Szenen wurden ausschließlich mündlich überliefert. Dennoch wiesen sie über Jahrhunderte eine hohe Kontinuität auf. Anders war es beim Marionettentheater. Dies teilte sich sein Repertoire seit dem 17. Jahrhundert mit dem Schauspiel. Allerdings nutzte es nur eine kleine Auswahl aus...

Puppentheater gilt in seiner gesamten Geschichte zugleich als armes und als reiches Theater – reich an theatralen Mitteln und arm in seiner ökonomischen Gesamtsituation. Diese hat sich in der Vergangenheit auf die Textproduktion für das Genre ausgewirkt und tut es bis heute. Lars Rebehn, Oberkonservator der Puppentheatersammlung der Staatlichen Kunstsammlung Dresden, gibt eine historische Einordnung.

Texte für die Puppenbühne – ein geschichtlicher Überblick

Das Repertoire der Dinge

„Abrakadabra“ – mit dieser Zauberformel lässt die Spielerin den Buchstaben A in ihrer Hand erscheinen, stößt einen verwunderten a-Laut aus, der allmählich zu einem krächzenden Rabengeschrei wird. Sie dreht das braune Pappmaché mit der Spitze zur Seite, formt mit der anderen Hand einen Flügel und bewegt sich in Richtung des Spieltischs. Das A purzelt kopfüber, begleitet von einem verzweifelten Laut des Fallens, durch den Schlitz des Holzhockers in die darunter stehende Kiste. Sich mit einem unsicheren o-Laut windend, greift die Spielerin in den Kragen und – oohh! Überraschung – findet ein O. Mit einem bewundernden Laut schaut sie durch die Öffnung des Buchstabens, ruft hindurch und erhält, das O ans Ohr haltend, ein Echo. Begleitet von einem Geräusch, das nichts Gutes ahnen lässt, dreht sie den Buchstaben auf die schmale Seite. Nun passt er durch die Öffnung im Hocker und landet erstaunt in der Kiste. Erst zwei Buchstaben und schon so viele unterschiedliche Möglichkeiten diese zum Klingen zu bringen. Die Spielerin lässt nun S, H, W und Z auf ihre je eigene Weise auftreten, untersucht, wie sie sich bewegen und anhören. Am 21. September 2024 feierte „Zauberzeichen“ von theater katinkaspringinsfeld Premiere in der Tafelhalle in Nürnberg. Hinter dem Namen verbirgt...

„Zauberzeichen“ von theater katinkaspringinsfeld

Die Magie der Buchstaben

Schwein gehabt

Was macht das Theater, Dominique Horwitz?

Ihr seid in Bochum keine Unbekannten. Helene, du warst von 2020 bis 2023 als Produktionsleiterin für das FIDENA Festival und von 2015 bis 2023 für den Fritz-Wortelmann-Preis tätig und Christofer, du bist seit 2021 am dfp engagiert und hast als Dramaturg die FIDENA-Ausgabe 2024 co-kuratiert. Wie fühlt es sich an, an die frühere Wirkungsstätte zurück zu kommen bzw. vor Ort bald in einer neuen Position zu wirken? Helene Ewert: Die Vorfreude ist groß, besonders auf die Kolleg*innen. Wir waren immer ein tolles Team und haben gemeinsam schon viele schöne Momente erlebt. Das wird uns für die kommenden Herausforderungen sehr helfen. Christofer Schmidt: Für mich ist der Übergang gerade total spannend. Für die neuen Aufgaben bin ich schon recht autonom unterwegs, gleichzeitig arbeite ich noch in meiner alten Funktion. Durch diese beiden Rollen können manchmal auch Reibungen entstehen, die ich aber ganz produktiv finde. Ihr habt bereits zusammengearbeitet und wisst also, was ihr aneinander habt. Wie kam die Idee, euch als Leitungsduo zu bewerben? Helene Ewert: Schon vor meinem Weggang 2023 haben wir manchmal darüber spekuliert, weil wir schnell gemerkt haben, dass es einfach passt. Wir sind ein sehr kreatives Team, und es macht uns großen Spaß, gemeinsam...

Die Nachfolge von Annette Dabs steht fest: Ab 1. Juli 2025 werden Helene Ewert als Geschäftsführerin und Christofer Schmidt als Künstlerischer Leiter das Deutsche Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst e. V. (dfp) in Bochum gemeinsam leiten. Was haben die beiden vor? Für double sprach Annika Gloystein mit dem designierten Leitungsduo über ihre Visionen fürs Figurentheater in Bochum und darüber hinaus.

Das Deutsche Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst e. V. bekommt neue Leitung

Doppelspitze in Bochum

Stiller Abbau?

Ruhrfestspiele Recklinghausen/Theater Münster: Ein Krieg führt immer zum nächsten

Black Box und White Cube

Transformation statt Revolte

<blockquote> „… also mit tausend Armen die Sprache locken heranlocken etwa, Schulter an Schulter“ (Friederike Mayröcker) </blockquote> Die Konvention der Text sprechenden Theaterfigur findet man selten in meiner Theaterarbeit. Klang, Geräusch und Musik erscheinen mir meist stimmiger als Sprache für eine animierte Theaterfigur, die in einer anderen Realität existiert. Oder erzählendes Textmaterial, das musikalisch auf das visuelle Spiel der Figuren trifft. Trotzdem sind Texte häufig die Grundlage meiner Kreationen, mit „tausend Armen herangelockt“ und am Ende nicht immer hörbar. Und natürlich Stille. Die stumme Theaterfigur kommt dem Geheimniszustand, den ich besonders suche, am nächsten. Lyrik statt Drama Von den drei literarischen Gattungen Lyrik, Epik und Dramatik scheint mir die Lyrik eine besonders geeignete Grundlage für Figurentheater zu sein. Hier erzählen Form und Inhalt gemeinsam, was eine Idealvorstellung von Figurentheaterinszenierungen für mich darstellt. Existieren die Theaterfiguren doch in einer anderen Wirklichkeit und erzählen durch Rhythmus, Bildlichkeit und Form von anderen Welten: Träumen, Erinnerungen, Visionen. „Die Poesie steht dem Ideal der Surrealisten, der écriture automatique, am nächsten. Sie schöpft stark aus dem Unbewussten und Halbbewussten, aus Bildern, Träumen – aus einem inneren Urwissen. Poesie ist die denkbar radikalste und persönlichste Äußerung von Literatur. Poesie ist Neuland! Gerade das ist die Qualität!“1 Gilt nicht...

Wie kommt der Text ins Figurentheater? Wo bringt sich Literatur ins Figurentheater ein, wo verlässt die Figur die Literatur wieder? Frank Soehnle beschreibt seine Perspektive auf Literatur im Figurentheater und seine eigene Autorenschaft.

Textwirklichkeiten im Figurentheater

Verwandlung oder Reibung

Das Nest sauber halten

Ein unscheinbar wirkender Hinterhof in Düsseldorf-Flingern beherbergt seit 2016 herausragende Positionen zeitgenössischer Kunst. Dass ausgerechnet hier, in einer ehemaligen Glasfabrik, die der Sammlungsgründer Gil Bronner zu rund 1700 m² Ausstellungsfläche hat umbauen lassen, nun Puppen ausgestellt werden, mag überraschen. Kuratorin Hannah Niemeier erklärt, dass es sich bei „Cutting the Puppeteer's Strings“ sogar um die erste Ausstellung handelt, die die gesamte Sammlungsfläche bespielt. Im Handout zur Präsentation heißt es: „Besonders in jüngster Zeit erfahren das Traditionshandwerk des Puppenmachens und das Spiel mit ihnen eine besondere Aufmerksamkeit in der zeitgenössischen Kunst“. Die Puppe als Trend in der Kunstwelt? Für diese Beobachtung sprechen auch die jüngst gefeierten Gisèle-Vienne-Ausstellungen in Berlin. Was aber wird in Düsseldorf präsentiert und wie? Es handelt sich um sehr unterschiedliche Exponate aus der Sammlung von Gil Bronner, um Leihgaben und um eigens für die Ausstellung angefertigte Arbeiten. Diese stammen von über 30 Künstler*innen, darunter bekannte und weniger bekannte Namen. In der geräumigen Eingangshalle sitzen überlebensgroße Stabfiguren von Dardan Zhegrova auf dem Boden und warten darauf, von den Besucher*innen bespielt zu werden. Weniger geräumig geht es nebenan zu: Hier sind die Marionetten aus Eva Kot’átkovás titelgebender Arbeit dicht an dicht an der Wand drapiert. Ein Arrangement, das an die berühmte...

Die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf hat neben Altbier, Rheinkirmes und Königsallee auch einige Kunsthighlights zu bieten. Eines davon befindet sich aktuell in der Sammlung Philara, die noch bis zum 1. Juni 2025 zeigt, wie man Figurentheater in die Bildende Kunst überführt.

„Cutting the Puppeteer's Strings“ in der Sammlung Philara

Anders aufgehängt – Begegnungen zwischen Bildender Kunst und Puppe

Romeo und Julia in der Cadillac-Welt

Abwehr gegen nackte Nonnen

Neue Berufsfelder erfinden

Ich arbeite einfach gern

Unterwegs mit den Formwandlern

Mit der Pfeilspitze ins Herz hinein

„Eindrücke sammeln“, „spannende Produktionen“ finden, neuen Formen und jungen Künstler*innen „Räume geben“, „langjährige künstlerische Beziehungen“ pflegen – so beschreibt die „Imaginale“-Macherin Katja Spiess den Sichtungs- und Auswahlprozess für das Programm des „Internationalen Theaterfestivals animierter Formen“. Die Besonderheit der Imaginale ist ihr Netzwerkcharakter, Aufführungen werden nicht nur in Stuttgart, sondern auch in Mannheim, Heilbronn, Eppingen, Ludwigsburg und Schorndorf gezeigt: ein überregionaler Verbund mit ganz unterschiedlichen Veranstaltern, Spielräumen und mit eigens zusammengestellten Spielplänen für jeden Festivalort. Die während der Imaginale vom französischen Kultusministerium als „Chevalière de l’ordre des arts et des lettres“ ausgezeichnete Festivalmacherin hat aber vor allen Dingen ein Ziel: das Publikum für die Formenvielfalt des zeitgenössischen Figurentheaters zu begeistern. Eine Platzausnutzung von 97 % bei den Stuttgarter Veranstaltungen 2025 spricht für sich, verdeutlicht auch die Neugierde eines Publikums auf die aktuellen Entwicklungen in der internationalen Figurentheaterszene. Bei aller Vielfalt der unterschiedlichen Ästhetiken der einzelnen Gruppen zeigen sich Trends weit über Stuttgart hinaus. Neuer Zirkus und Figurentheater Als auffällige Entwicklung drängt sich die Begegnung zwischen Zeitgenössischem Zirkus und Figurentheater vor (vgl. dazu auch „double“ Nr. 49). Welche Magie den Dingen anhaften kann, wenn sie mit intensiver Konzentration in Bewegung gebracht werden, führt Alexis Rouvre von der Compagnie Modo Grosso aus Belgien...

Ein Streifzug durchs Stuttgarter Programm der diesjährigen Imaginale – Internationales Theaterfestival animierter Formen, die vom 30. Januar bis 9. Februar 2025 stattfand.

Eindrücke von der Imaginale 2025 in Stuttgart

Bewegen, Zeichnen, Überzeichnen

Was macht das Theater, Jörg Hartmann?

Fassungslosigkeit und Hoffnung

„Ein großes Festival muss eine Dynamik entwickeln“

St. Pölten:: Peter-Turrini-Dramatiker*innenstipendium für Paula van Well

Langer Atem beim Netzwerken

Publikumserregung mit Extradimension

Dämonen, Geister und andere Spukgestalten ergriffen im November 2024 Besitz vom klassischen Figuren- und Objekttheaterfestival Theater der Dinge. Das ließ sich bereits am Schaufenster der gastgebenden Schaubude erkennen. Überlange weiße Arme mit Fingern, die in Krallen endeten, hingen dort von der Decke herab und schienen nach allem zu greifen, was sich ihnen nur zu nähern wagte. Die Objekte wurden von der Szenografin Neïtah Janzing entwickelt, die auch einen Raum in der installativen Performance „Geisterhaus“ in der Schaubude gestaltete. Schaubude wurde zum Geisterhaus Darin erzählte sie anhand von Spielkarten eine düstere Geschichte vom Verschwinden im Walde. Andere Kabinette des „Geisterhauses“ beschworen die imaginären Leitgestalten der Wayuu, einer indigenen Bevölkerungsgruppe in Südamerika. Sie leben in Venezuela und vor allem in Kolumbien, auch in unmittelbarer Nähe der riesigen Steinkohlengrube Cerrejón. Die Bagger dort tragen den Berg ab, um Steinkohle auch nach Deutschland zu bringen. Und damit gelangten, so jedenfalls die These des KMZ Kollektivs, das eine Garage auf dem Hof der Schaubude mit schwarzen Briketts bespielte, die Götter und Geister der Wayuu eben auch nach Deutschland. Und möglicherweise vermischen sie sich hier mit den Berggeistern des Prenzlauer Bergs, an dessen Fuße sich ja die Schaubude befindet. Das sind natürlich alles hochspekulative Ideen. Aber...

Das internationale Festival des zeitgenössischen Figuren- und Objekttheaters der Schaubude Berlin „Theater der Dinge“ blickte vom 6. bis 10. November 2024 mit der Figur der Geister auf verschiedene gesellschaftliche Felder und Problemstände. Da das Festival zum Erscheinen dieses Heftes schon fünf Monate zurück liegt, ist der von Theater der Zeit und double beauftragte Festivalbericht von Tom Mustroph bereits am 12. November 2024 online bei tdz.de erschienen.

Theater der Dinge in Berlin gab dem Unheimlichen und rational wenig Zugänglichem Raum

Festival der Besessenen

Marius Kob und Annina Mosimann haben im Zeitraum 2022 bis 2024 im Rahmen des Schweizer Förderprogramms „Double“ der Stiftung Migros-Kulturprozent gemeinsam an der Produktion von Annina Mosimanns Inszenierung „Bestiarium“ gearbeitet. Als Mentor hat Marius Kob das Projekt bei Konzeption, Budgetplanung und Kooperationspartnersuche unterstützt und es in Produktions- und Dramaturgiefragen bis zur Premiere im September 2024 begleitet. „Double“ bringt erfahrene Expert*innen mit jüngeren Berufskolleg*innen zusammen für einen ein- oder mehrjährigen Austausch in den Sparten Literatur, Tanz, Theater, Pop, Kleinkunst, Klassische Musik, Jazz, Kunst und Film. Das Coaching von Annina Mosimann durch Marius Kob fand in der Sparte Kleinkunst statt (ob Figurentheater sich in diese oder in andere Schubladen stecken lässt, sei eine andere Geschichte …). Während regelmässig stattfindenden Treffen sowie einer gemeinsamen Residenz in Kooperation mit dem Förderprogramm und dem Schlachthaus Theater Bern, hat Marius Kob die Entstehung der Inszenierung von der Konzeption bis zur Produktion unterstützt und begleitet. Was waren die Eindrücke von diesem Förderprojekt und welches Ergebnis kam dabei heraus? Mentee: Annina Mosimann Nach meiner Rückkehr in die Schweiz, nach dem Studium in Stuttgart, waren die ersten Schritte in die Freiberuflichkeit – wie für die meisten Absolvent*innen – ein wackliger Weg, der viel Durchhaltevermögen und Geduld erforderte – und...

Mit „Double“ hat die Stiftung Migros-Kulturprozent – eine der wichtigsten Kulturförderinnen der Schweiz – vor zwei Jahren ein neues Programm gestartet. Kern ist das Coaching von Nachwuchskünstler*innen durch Berufskolleg*innen. Annina Mosimann und Marius Kob berichten von ihren Erfahrungen.

Migros-Kulturprozent unterstützt Berufsanfänger*innen

Coaching als Fördermaßnahme

Leipzig: Auswahl fürs Festival Politik im Freien Theater

Dramaturgie des Zweifels

Deutsches Nationaltheater Weimar: Drei Fiktionen für dreizehn Millionen Schicksale

Widerstand und Erinnerung 

Keine Rechnung ohne Restwert 

Weltall, Erde, Mensch

Was kannst du uns über deinen Werdegang erzählen? Lisa Danulat: Ich schreibe Texte seit 20 Jahren. Hauptsächlich für das Theater. Ich habe immer in Nebenjobs gearbeitet, um genügend Geld zu verdienen. Als Putzkraft, als Hausverwaltung oder als medizinische Schreibkraft beispielsweise. Als die Theater 2021 schließen mussten, entschloss ich mich dazu, noch eine Ausbildung im medizinischen Bereich zu machen, um beruflich und existenziell mehr Sicherheit zu gewinnen. Yannic Han Biao Federer: Ich habe mit Kurzgeschichten begonnen, mich von dort in die Romanform vorgearbeitet, irgendwann auch für Radio und Theater geschrieben. Und auf diesem Weg sind dann zwei Romane entstanden, eine autobiographische Erzählung, die im April bei Suhrkamp erscheint, außerdem Radioessays und zwei Theaterstücke, die von Schaefersphilippen verlegt werden. Svealena Kutschke: Romane veröffentliche ich seit 2009, Stücke schreibe ich erst seit einigen Jahren. Mein erstes Stück wurde 2019 zu den Autor*innentheatertagen am Deutschen Theater Berlin eingeladen. Zehra Nisa Açelya Sönmez: laboravi, laboro, laborabo. laboravero, laboratus ero! Rebecca C. Schnyder: Nach erfolgreich abgebrochenem Studium arbeitete ich als Regieassistentin und begann parallel zu schreiben. 15 Jahre später bin ich freischaffende Autorin (v. a. Drama und Hörspiel) und begleite mit meinem Kulturbüro als Performing Arts Manager verschiedenste Produktionen der freien...

Am 4. Mai 2025 wird beim Heidelberger Stückemarkt erstmals der FIDENA Stückepreis verliehen. Dieser Preis hat das Ziel, die Verbindung zwischen Neuer Dramatik und Figurentheater zu stärken. Er wurde vom Deutschen Forum für Figurentheater und Puppenspielkunst zusammen mit dem Musiktheater im Revier Gelsenkirchen ins Leben gerufen. Der mit dem FIDENA Stückepreis ausgezeichnete Dramentext wird in der Spielzeit 2025/2026 in der Puppensparte des Musiktheaters seine Erst- oder Zweitaufführung erleben. Christofer Schmidt hat den sechs nominierten Autor*innen per E-Mail Fragen geschickt; fünf von ihnen haben geantwortet.

Die Nominierten des FIDENA Stückepreises im Gespräch

Neue Dramatik trifft Figurentheater

Wer von München aus in die slowenische Hauptstadt Ljubljana fährt, hat es eigentlich recht einfach: abends in den Nachtzug steigen und morgens frisch ausgeschlafen aus dem Zug treten. Und selbst wenn das Schlafen auf Schienen nicht reibungslos klappt: Wer das LUTKE-Festival besucht, der wird auf Trab gehalten. Bei der Dichte und Fülle der gezeigten Inszenierungen ist wenig Raum für Leerlauf. Wer sich ranhält, kann in drei Tagen an die 25 Produktionen sehen. Dank der gut aufeinander abgestimmten Organisation durch den Veranstalter – das Ljubljana Puppet Theatre – stürzt man sich mühelos in ein abwechslungsreiches Programm für alle Altersgruppen. Neben zahlreichen slowenischen Produktionen gab es im September 2024 Gastspiele aus Deutschland, Tschechien, Japan, Spanien, Italien, UK, Frankreich, Norwegen, Polen, Nordmazedonien, Portugal und Litauen auf insgesamt sieben Bühnen zu sehen. Grosse Bandbreite an Ästhetiken mit Highlights für alle Altersgruppen Ein kuscheliger Start in den Tag gelingt auf der „Stage under the Stars“ im obersten Stockwerk des Puppentheaters im Stadtzentrum mit „Pomelo’s in Love … With the Frog, Rain and More“ des Fraktal Theatre aus Polen. Das Stück für Kinder ab zwei Jahren funktioniert wie ein klingendes Bilderbuch: Frosch und Elefant begegnen sich auf Augenhöhe. Die Figuren musizieren gemeinsam per Body-Percussion oder indem...

Vom 22. bis 28. September 2024 fand in Ljubljana das 17. Internationale Festival für zeitgenössisches Puppentheater LUTKE statt. Gislinde Nauy war drei Tage dort und lässt uns an ihren Festivalerlebnissen teilhaben.

Drei Tage und hundert Eindrücke vom Puppentheaterfestival LUTKE

Dober Dan, Ljubljana

Hybridgemeinschaften?

Heidelberger Stückemarkt: Das schreckliche Geschwür der Vergangenheit

Eine Manege, das Publikum sitzt im beinahe geschlossenen Kreis um die sechs sterilen Podesttische. Auf zweien davon stehen Einmachgläser, Luftpumpen, Pipetten, Safttetrapacks, diverses Obst und viele andere medizinisch bis experimentell assoziierte Objekte bereit. In der Mitte eine vielleicht zwei mal drei Meter große Leinwand, die dem Geschehen auf der Bühne zwei Seiten verleihen kann, zu Projektionsphasen (Andrea Keiz) aber auch immer wieder hochfährt und den Raum damit vereint. Ein dringlicher, treibender, zugleich melancholischer Klangteppich (Rico Lee) begleitet Übergänge zwischen den Einzelszenen, Reflexionstexte über das eigene Sein, die eigene Verfasstheit, Textpassagen aus feministischer Literatur und Erzählungen über patriarchal zugerichtete Frauen*gruppen aus der Geschichte. Gemüse und Obst, sowie deren Säfte werden von den vier Performer*innen (Lisa Densem, Claudia Splitt, Rhyannon Styles, Laurie Young) genutzt, um als Referenz für den weiblichen Körper Schmerzerfahrungen und Misshandlungen anschaulich, vielleicht sogar erfahrbar zu machen. Den passiven Gemüse- und Obst-Objekten stehen die agierenden Frauen*körper gegenüber, eingehüllt in grünlich-bläulichen Stoff, der an OP- oder aber Patient*innenkittel erinnert (Sara Wendt). In einzelnen Szenen werden nacheinander Objekte genutzt, um Obst zu be- und misshandeln. Beispiele: Die Tomate Zwei Performer*innen sitzen an einem der Tische, die Kamera filmt von oben auf die Fläche. Eine der beiden bearbeitet eine Tomate, die andere...

Was bedeutet es, als Frau* zu altern, in einer Zeit, in der das Streben nach ewiger Jugend zur kulturellen Norm geworden ist? Eva Meyer-Kellers neueste Produktion feierte am 13. Februar in den Sophiensælen Berlin Premiere, beständige Transformation und die Menopause.

„Turn the P/Age“ von Eva Meyer-Keller

The Right Moment to Flower in Defiance

Ruhm den Kleinen!

Der Engel vieler Geschichten

Thüringer Befund

Objekte, Gegenstände, Materialien ... Ich weiss gar nicht genau wieso, aber mich haben diese Dinge schon immer irgendwie magisch angezogen. Ich schaue, was ein Gegenstand alles kann, woran er mich erinnert, was er mir erzählt. Außerdem höre ich zu. Stories, Anekdoten, absurde Alltagsmomente, Situationskomik, Antihelden – gute Geschichten faszinieren mich. Dass ich jetzt Objekttheater mache, folgt nicht einer langjährigen Planung – sondern der Logik einer künstlerischen Entwicklung. Früher habe ich noch viel mehr mit Video gearbeitet. Mit einem Auge nahe an etwas herangehen, mein Auge anderen zugänglich machen, das interessiert mich. In meinem B.A. in Prozessgestaltung in Basel entstand das Kollektiv „Hotel Regina“. Wir machen viele Performances im öffentlichen Raum und versuchen die Menschen zu einem Perspektivwechsel auf ihre Umgebung einzuladen. Danach habe ich in Frankreich Schauspiel studiert, alles andere habe ich mir selbst beigebracht. Im Masterstudium „Expanded Theatre“ an der Hochschule der Künste Bern hoffte ich, all meine vorherigen Kunstformen zu verbinden. Der Studiengang ist sehr offen, drängt einem keine Richtung auf und so fand ich diese Verbindung im Objekttheater. Hier erlebe ich die Grenzen zwischen verschiedenen Disziplinen fliessender und deshalb auch offener für Generalist*innen wie mich. Objekttheater folgt weniger einer Tradition, das klassische Schauspiel hat eine längere, verbindlichere...

Moritz Praxmarer gewann 2024 mit seiner Produktion „The Story of Larry“ den Aargauer Förderpreis für junges Figurentheater „Grünschnabel“, welcher im Rahmen des Figura Theaterfestivals zum elften Mal verliehen wurde. Die Regisseurin Sibylle Heiniger sprach mit Moritz Praxmarer über seine Arbeit.

Grünschnabel 2024 an Moritz Praxmarer

Die Zerlegung eines Teebeutels

Im Oktober letzten Jahres erreichte mich die E-Mail, dass ich für das 4PS-Fellowship angenommen wurde. 4PS steht für den Zusammenschluss aus vier Sammlungen – in Bochum, Lübeck, Dresden und München – zum Puppen- und Figurentheater, die sich unter dem Dach des Bündnisses „KompleXX Figurentheater“ zusammengefunden haben. Die Fellowship-Stelle soll Möglichkeiten einer Öffnung der Sammlungs- und Ausstellungsorte für breitere Öffentlichkeiten wissenschaftlich erschließen. Diese Öffnung wird in kleinen Projektgruppen mit interessierten, aber fachfremden Zivilpersonen erprobt, die gemäß des Citizen Science-Ansatzes eigene Fragen zu den Beständen der Sammlungen stellen und Ideen und Bedarfe der jeweiligen lokalen Öffentlichkeit einbringen dürfen und sollen. Die Offenheit und der experimentelle Charakter der Ausschreibung haben mich sofort angesprochen. Als junge promovierende Kulturwissenschaftlerin überschnitt sich die im Projektcharakter angelegte Wertschätzung für das Wissen und Engagement von zivilen Akteur*innen sehr mit der mir und meiner Fachdisziplin eigenen Haltung zu diesen Belangen. In Zeiten wachsender Wissenschaftsskepsis und einer Zersplitterung der Zivilgesellschaft halte ich Versuche, den Wissenschaftsbetrieb zu öffnen und neue, wertschätzende Formen der Zusammenarbeit zu finden, für eine gute Antwort der Institutionen. Die Vorstellung, auf kreative Weise mit Menschen zusammenzuarbeiten sowie gemeinsam miteinander zu lernen und zu forschen, weckt Vorfreude und Hoffnung in mir. Außerdem bin ich dankbar, in der Zeit...

Das Projekt der 4 Puppentheater Sammlungen (4PS) in Bochum, Dresden, München und Lübeck zielt darauf ab, durch Citizen Science – ein Ansatz, der Bürger*innen in Forschungsvorhaben einbezieht – Sammlungen als Wissensorte zu aktivieren. 2025 erkundet eine Fellow im Rahmen eines halbjährigen Stipendiums, wie Citizen Science bisher unbearbeitete Forschungsfelder erschließen und die Sichtbarkeit der Sammlungen erhöhen kann.

Einblicke in das 4PS-Fellowship

Bürger*innen treffen Depot

Festival im Aufwind

Bodyhorror/Tarantino

Bilder im Takt eines Textes

Auf Augenhöhe

Ästhetische Selbstreflexion

Schauspiel Stuttgart: Was witzig ist und was nicht

Bei der ersten Oscarverleihung im Jahre 1928 gab es die Kategorie „Bester Zwischentitel“. Der erste und einzige Gewinner, der den Academy Award in dieser Kategorie erhielt, war der amerikanische Drehbuchautor Joseph Farnham. Er schrieb Zwischentitel wie: „This ain’t no collage you’re going to, lady … It’s a goof garage!“. Das ist alles auch im Bild zu sehen. Die Studios aber vertrauten nicht allein auf die Kraft der Bilder und montierten Texttafeln in ihre Filme, um Verständnisproblemen vorzubeugen. Künstlerisch wertvoll waren diese Titel selten. (Ausnahmen bestätigen die Regel!) Der Text war da. Vielen war der Text wichtig. Gebraucht haben ihn die Wenigsten. Die Puppe will gar keinen Text In „Oh Schreck!“ an den Münchner Kammerspielen sprechen die Puppen nicht. Obgleich sie Text haben. In stummfilmartigen Zwischentiteln wird ihnen die Sprache hinterhergeschoben. Das passt ästhetisch, ganz im Geiste des Stummfilms des frühen 20. Jahrhunderts. Aber was damals schon nicht gewinnbringend war, wird es hundert Jahre später ebenfalls nicht. Das ist aber auch gar nicht intendiert. Die Puppen funktionieren ganz ohne Text. Die tranceartige Atmosphäre, die die Puppen (vor allem durch ihre Stummheit) auf der Bühne entfalten, genügt zum Verständnis. In „Oh Schreck!“ erahne ich: Am Anfang der Proben stand auf der Bühne...

Die Konvention, dass das Theater meist an einen dramatischen Text gebunden ist, wird im Puppentheater viel weniger als selbstverständlich erachtet. Was passiert in Bezug auf den Text, wenn an Schauspielhäusern mit hohen Produktionsbudgets mit Puppen inszeniert wird? Große Bühne, große Puppen, großer Text, große Kunst. Mittels einer Auswahl von Inszenierung rund um das Künstlerkollektiv peaches&amp;rooster versucht Florian Rzepkowski dem Phänomen auf den Grund zu gehen, warum der Text in Bezug auf zeitgenössische Puppentheaterszenen oder -inszenierungen oft irrelevant wirkt. Liegt es daran, dass es keinen Text braucht oder, weil es keinen guten zeitgenössischen Text für die Puppe gibt? Und was könnte mit dem Genre noch passieren, wenn es einen Text für die Puppe gäbe?

Über die Notwendigkeit eines dramatischen Texts im Puppentheater

Das Post-Pocci-Theater

Ästhetische Übereinstimmung, strukturelle Unterschiede

Risiko: Das Salz unseres Lebens

Freiheit des Theater-Erlebens

Worum geht es bei „Puppen&amp;Stifte“? Almut Schäfer-Kubelka: Die Idee der Kooperation ist, sich zeitgenössischen Texten mit den Mitteln des Puppenspiels zu nähern. Es gibt dieses Format schon in mehreren Auflagen. Dieses Mal gab es drei Gruppen aus Regie, Schreibenden und Spielenden. Es ging ganz dezidiert darum, eine Skizze zu machen und keine fertige Inszenierung. Jede Gruppe konnte einen Text wählen und zwei Wochen experimentieren. In der Schaubude durften wir diese Skizzen als Arbeits- und Forschungsstand zeigen. Du hast für die Zusammenarbeit deinen Text „Der Wassermann“ ausgewählt, Leah. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Leah Luna Winzely: „Der Wassermann“ ist ein atmosphärischer und offener Text. Er lässt viel Freiraum zu forschen und im Inszenieren zu entscheiden. Es hat mich interessiert, was ist damit möglich? Was öffnet das Figurentheater dem Text für neue Räume? Gleichzeitig ist es auch ein Text, der ein Material stark in den Fokus stellt: das Wasser. Die Nähe zwischen der Hauptfigur Lasse und seinem nicht-existenten Vater, dem Wassermann, passiert in der Begegnung mit dem Wasser. Ich arbeite gerne mit Materialien und starken Stoffen, weil sie sowohl auf inhaltlicher als auch formaler Ebene etwas öffnen. Das hatte ich auch immer im Kopf: Wie geht man mit den...

Am 18. Oktober 2024 wurden an der Schaubude Berlin die Ergebnisse des Projekts „Puppen&amp;Stifte – Neue Stücke!“ gezeigt – eine Kooperation zwischen dem Szenischen Schreiben der UdK Berlin und der Abteilung Puppenspielkunst der HfS Ernst Busch. Für double sprach Mona Schlatter (Moderation) mit Cecilia De la Jara (Puppen), Almut Schäfer-Kubelka (Regie) und Leah Luna Winzely (Stifte), die in drei unterschiedlichen Gruppen an dem Abend mitgewirkt haben.

Über das Offene und Geschlossene in der Begegnung von Zeitgenössischem Figurentheater und Gegenwartsdramatik

Material – Worte und Material

Berufsbild: Digitaldramaturg

„Den Lohnarbeitern erscheint ihre Arbeit auch nicht mehr als das, was sie ist“

Zerbrochene Familiengeschichten

Chemnitz und sein Schauspielhaus – ein Trauerspiel der Stadtpolitik

Rede zur Entgegennahme des Kurt-Wolff-Preises 2025

Die Rache der Königinnen

Wir gehen rein

An Fantasie muss man sich auch erst mal gewöhnen. Im Foyer eines Theaters, dessen Saal ich nie betreten haben werde, sagt man mir zu meinem Text, dass es schwer sei, sich das vorzustellen: Das mit der Brücke und dem Stein, der die Figur auf der Bühne erschlägt. Das gehe ja nicht. Man habe sich Mühe gegeben, schließlich hätte ich Puppentheater vorn drauf geschrieben und man wisse, dass da andere Regeln gälten. Dass das dort ginge und das sei wohl das, was Puppentheater ausmache. Ich nicke. Ja, das mache Texte für Puppentheater aus, dass man da Dinge hineinschreiben kann, die sonst nicht gehen, und Dinge sprechen, die nicht sprechen können. Ich sage – noch immer nickend – dass der Text Material sein soll, ja Material. Das sage ich, weil das in den sechs Jahren zuvor meine Überzeugung geworden ist. Weil ich als Puppenspieler nichts schlimmer finden kann, als einen heiligen Text. Dann fällt in diesen heiligen Hallen der Hochkultur der Begriff „orthodoxes Autor*innentheater“. Doch Heilige haben im Puppentheater nichts verloren. Und das Puppentheater wohl auch wenig in heiligen Hallen. Deswegen muss ich es noch mal wiederholen: Text ist Material. Schon der Gerechtigkeit wegen. Soll der Text auf der gleichen Ebene stehen...

Nach einem Studium der Zeitgenössischen Puppenspielkunst und des Literarischen Schreibens ging Moritz Schönbrodt davon aus, dass Texte für das Puppentheater immer als Material zu betrachten sein sollten. Für double nimmt er uns mit auf eine Zugfahrt, die so nie stattgefunden hat, und zu den Zweifeln an seiner Überzeugung.

Texte als Teil des Verlebendigungsprozesses auf der Bühne

Leben zwischen den Zeilen

Die Signatur unserer Zeit

Balkan Brass und Brüche

Sie leben noch (weiter)

Die Grenzen der Freiheit

Guten Appetit!

Ich hatte – lang ist’s her – im Studium, damals hieß das freie Projekt noch „Wahlrolle“ – mir Kleist erwählt, den Anfangsmonolog des Sosias aus „Amphitryon“. Der Grund: 1. – ich fand diese Sprache, diese Verse einfach großartig, ich liebte es, sie zu sprechen; 2. – diese überspitzte Situation: soweit weg von der Wirklichkeit, aber dermaßen nah dran und 3. - der Witz, der intelligente Humor, 4. - der schräge Charakter von Sosias, dessen genaue soziale Zeichnung, 5. – die intellektuelle Idee des doppelten ICHs. Wie man sieht, sind es Bächlein, die sich vereinigen zum Strom, der einen mitnimmt. In der praktischen Umsetzung war dann z. B. die Puppenfrage (welche Puppenart, wie muss das Gesicht von Sosias aussehen, welches Alter usw.) gar nicht mehr so wichtig: Es wurde ein unförmiger kleiner Kopf aus Kinderknete mit einer halben Kokosnussschale als Helm darauf, der Körper ein alter Strumpf, ein schwarzes Tuch, eine Handpuppe vor mir auf einem Brett zwischen zwei Stühlen gespielt, die linke Hand als Puppenhand – ein klarer Fall von Inhalt schlägt Ausstattung. Es kam sehr gut an, ich spielte es bei allen möglichen Gelegenheiten und Feten. Später habe ich mit Regina Menzel ein Kleist-Programm daraus gestrickt mit anderen Kleist-Texten...

Es gibt keine Definition dafür, was einen (guten) Text für das Theater der Dinge ausmacht. Dennoch wählt man auf der Suche nach geeigneten Texten unter bestimmten Kriterien aus, welche zur Verlebendigung taugen können und welche nicht. Puppenspieler, Autor, Regisseur und Dozent Hans-Jochen Menzel macht vier Arten aus, auf die ein Text gelesen werden kann.

Neuerscheinungen im Verlag