Die wirkliche Öffnung: Zürich im 21. Jahrhundert
von Peter Michalzik
Erschienen in: 100 Jahre Theater Wunder Schweiz (11/2020)
Zürich im neuen Jahrhundert ist eine fundamental gewandelte Theaterstadt. Bewahrung und Qualität waren über Jahrzehnte die mehr oder minder diffusen Leitbegriffe gewesen. Nun sind es Fortschritt, Offenheit, Vielfalt. Das ist erstaunlich. Der entscheidende Übergang fällt dabei auf Christoph Marthalers Intendanz am Schauspielhaus.
1996 wurde das Tanzhaus gegründet, eine weitere Station in der Reihe programmatischer Theatergründungen wie Neumarkt, Rote Fabrik, Theaterspektakel, Gessnerallee. Die Situation hat sich grundsätzlich gewandelt: Unterschiedliche Auffassungen von Theater und unterschiedliche Teilkulturen bekommen seit den achtziger Jahren einen Ort, das Schauspielhaus versuchte das immer wieder zu bündeln, sowohl für Zürich als auch für die Ostschweiz. Als Christoph Marthaler bekanntgab, dass Meg Stuart, eine Tänzerin, fest als Choreografin am Schauspielhaus engagiert sei, war das ein echter Paradigmenwechsel.
Am Anfang des neuen Jahrzehnts – oder auch einer neuen Theaterepoche für Zürich – stand die Eröffnung des Schiffbaus. Damals war Zürich-West, das Quartier um den Escher-Wyss-Platz, verwaist. Heute ist es ein zentraler Bezugspunkt Zürichs. Damals, in den achtziger Jahren, als die Immobilienpreise begannen, in unglaubliche Höhen zu wandern, wusste man nicht, was man mit der grossen Halle in Zürich-West, ja mit dem ganzen Areal anfangen sollte. Dann wollte das im Pfauen beengte Schauspiel sein Werkzentrum hier einrichten, 1995 gab es einen...