Vom Ballett zum zeitgenössischen Tanz
von Peter Michalzik
Erschienen in: 100 Jahre Theater Wunder Schweiz (11/2020)
Wendet man sich im Jahr 2020 dem Tanz in der Schweiz zu, wundert man sich: In gewisser Weise gibt es ihn erst seit ein paar Jahrzehnten. Damit ist selbstverständlich nicht das gemeint, was Menschen schon immer machen. Es geht um Tanz auf der Bühne, Tanz, den man sich ansieht, getanztes Theater. Lange gab es sechs Theater mit einer festen Tanzkompagnie in der Schweiz, in Zürich, Genf, Basel, Luzern, Bern und St. Gallen. Zu den sechs Ensembles kam 1987 ein siebtes hinzu, als man in Lausanne entschied, mit dem berühmten Choreografen Maurice Béjart ein Tanztheater mit einer festen Kompagnie zu etablieren. Eine feste Kompagnie war lange das wichtigste Ziel bei der Professionalisierung des Tanzes. Eigentlich aber begann der Tanz schon damals sich in eine andere Richtung zu entwickeln.
Gehen wir noch einmal zurück, zurück an die Anfänge dieser 100-jährigen Theatergeschichte, schliessen wir die Augen und schauen auf den Tanz. Damals sah das Auge: Ballett war eine Einlage in Opern und Operetten (die damals eine wichtige Rolle spielten). In Genf stand es seit 1915 und in den zwanziger Jahren im Zeichen von Serge Diaghilevs Ballets russes. Sie waren immer wieder nach Genf eingeladen worden, zum Beispiel mit „Carnaval“. Vaslav Nijinsky, der damals...