Das fahrende Volk wird sesshaft!
Erschienen in: Verfitzt und zugenäht! – 60 Jahre Puppentheater Bautzen (05/2021)
Zwar feiern wir 2021 die Gründung des Bautzener Puppentheaters vor 60 Jahren, die Wurzeln dieser Bühne reichen aber viel weiter zurück. Der Gründer und erste Leiter Bert Ritscher (28.12.1920 – 02.11.1970) gehörte einer sächsischen Puppenspielerdynastie an. Sein Großvater hatte 1878 in eine Marionettenspielerfamilie eingeheiratet und später das Unternehmen übernommen. Sein Vater und drei seiner Onkel hatten ebenfalls eigene Theater. 1946 eröffnete Bert sein eigenes Theater und reiste zunächst vorwiegend im Gebiet Chemnitz-Leipzig, später übernahm er das Spielgebiet seines Großvaters und spielte vor allem in der Ober- und Niederlausitz. Sein Repertoire setzte sich, wie bei fast allen traditionellen Marionettenspielern, aus bekannten Märchen für Kinder und aus alten Volksstücken und dramatisierten Ereignissen aus der sächsischen Historie (z. B. „Karl Stülpner“, „Gräfin Cosel“, „Faust“) zusammen. Dazu kam nach jeder Vorstellung ein aus mehreren artistischen Nummern bestehendes Nachspiel mit dafür besonders hergestellten Marionetten. Ritscher versuchte auch immer wieder, das Marionettenspiel zu modernisieren, die komische Wirkung der Puppen für Kabarett und Ähnliches zu nutzen. Ein Höhepunkt seines Schaffens war ein dreiwöchiges Gastspiel im Herbst 1957 im Alten Rathaus zu Leipzig, das seinem Ensemble – das aus ihm, manchmal einem zweiten Spieler und seiner Lebensgefährtin bestand – große Anerkennung einbrachte. Daneben versuchte Ritscher aber auch immer...