Lebensgeschichten in Dokumenten
Das internationale Theaterprojekt Parallele Leben – Ein Dokumentartheaterprojekt zum Geheimdienst in Osteuropa, das im Jahr 2010 auf Initiative des Internationalen Theaterfestivals Divadelná Nitra entstand und seinen Abschluss 2015 finden wird, zeigt mittels dokumentarischer Theaterinszenierungen die Sichtweise von Autoren der jüngeren und mittleren Generation aus sechs ausgewählten Ländern des ehemaligen Ostblocks (Slowakei, Tschechien, Deutschland, Polen, Rumänien, Ungarn) auf ihre sozialistische Vergangenheit. Ausgangspunkt der Inszenierungen waren Dokumente aus Archiven der ehemaligen politischen Geheimpolizei und mündliche Schilderungen, die Pars pro Toto von den Verbrechen berichten, die durch die totalitären Regime zwischen 1945 und 1989 an Zigtausenden Menschen verübt wurden. Die Auswahl aus den Archiven konzentrierte sich auf die Schicksale von Einzelpersonen im Räderwerk des Machtmechanismus. Neben der Erforschung des historischen Gedächtnisses ist Parallele Leben auch ein Beitrag zum Genre des dokumentarischen Theaters, dessen Methoden immer mehr Autoren wie Zuschauer in Osteuropa interessieren – ebenso wie die Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte.
Dieses Buch ist eine theoretische Ergänzung des Projekts Parallele Leben. Den ersten Teil bilden theaterwissenschaftliche und historische Essays, den zweiten Gespräche mit den Autoren der einzelnen Theaterinszenierungen. Thomas Irmer konstatiert in seinem theaterwissenschaftlichen Essay „Strategien und Kontexte des Dokumentarischen in den Aufführungen von Parallel Lives“, dass die Ambition des...