Report
Die Schwermut der Glücklichen
Die Ruhrtriennale zeigt neue Spielarten des Musiktheaters und ein sensationelles Stück des Polen Łukasz Twarkowski
von Stefan Keim
Erschienen in: Theater der Zeit: Neues Musiktheater (10/2025)
Assoziationen: Nordrhein-Westfalen Musiktheater Ruhrtriennale
Dokumentartheater gibt es bisher selten in der Oper. Doch wie so manche Spielarten, die das Schauspiel über viele Jahre hinweg erprobt, sind auch Stücke auf der Basis von Interviews mit Zeitzeug:innen im Musiktheater angelangt. „We are the lucky ones“ heißt das neue Stück von Philip Venables, Nina Segal und Ted Huffman. Die „Glücklichen“ sind Menschen, die in den 1940er Jahren geboren wurden. Sie haben den Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt, die technologischen Revolutionen, eine unglaubliche Steigerung des Lebensstandards. Und sie waren in Rente, bevor die Kritik an diesem Lebensstil laut wurde. Das Stück hatte zwar an der niederländischen Staatsoper in Amsterdam Uraufführung, war aber von Anfang an auch für die ko-produzierende Ruhrtriennale mitgedacht. Das spürt man nun bei der Deutschland-Premiere in der Bochumer Jahrhunderthalle.
Ein achtköpfiges Gesangsensemble bewegt sich auf der rechteckigen Bühne um ein riesiges Loch herum. In dieser Orchestergrube – von einem Graben ist hier nicht die Rede – sitzen die Bochumer Symphoniker, die unter Leitung von Bassem Akiki mehr wie eine Big Band klingen. Sie nehmen wie die Komposition von Philip Venables die musikalischen Impulse und Stile der Jahrzehnte seit 1940 auf, verändern und verschleiern sie allerdings ein wenig, wie Erinnerungen, die manchmal rhythmische Kraft haben,...
