Vorwort
von Barbara Gronau
Erschienen in: DAS FLÜCHTIGE GESTALTEN – 30 Jahre Bayerische Theaterakademie August Everding (11/2023)
Der vorliegende Band bildet den Auftakt einer Publikationsreihe der Bayerischen Theaterakademie August Everding in München. Anlässlich ihres dreißigjährigen Jubiläums thematisiert er die komplexe Geschichte und Gegenwart einer der großen Ausbildungsstätten für Bühnenberufe im deutschsprachigen Raum. 1993 im historischen Münchner Prinzregententheater als Lehr- und Lerntheater gegründet, beruht die Theaterakademie auf einem einmaligen Kooperationsmodell mit den Münchner Hochschulen und den Bayerischen Staatstheatern. Bis heute wird sie von der Idee getragen, die Darstellenden Künste im laufenden Theaterbetrieb auszubilden und so Theorie und Praxis in einzigartiger Weise zu verschränken.
Was bedeutet der Begriff Akademie für uns und wie tauglich ist er für die Gegenwart? Das Buch dokumentiert zum einen die Entstehung und den Wandel der Ausbildung vor dem Hintergrund einer Institutions- und Wissensgeschichte der Darstellenden Künste. Zum anderen nimmt es die individuellen Erfahrungen und Perspektiven von Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitenden in den Blick, um eine Form des kollektiven Erinnerns zu ermöglichen. Nicht zuletzt adressiert es die heutigen Herausforderungen des Berufsfeldes Theater und deren Rückwirkungen auf das Studium.
Am Ausgangspunkt unserer Überlegungen steht die Flüchtigkeit der Kunst des Theaters. Als prozessuale Kunst ist sie besonders anfällig für Verlust und Vergessen. Theater zu lehren und zu lernen bedeutet immer, gegen den Fluss der Zeit zu arbeiten. Auf der anderen Seite ist das Theater auch ein kollektives Gedächtnis, in dem kulturelle Erfahrungen tradiert und von jeder Generation neu erlebt werden. Nicht zuletzt markiert es in seiner Flüchtigkeit das Kostbarste unseres Lebens – die gemeinsam geteilte Zeit.