Zum Geleit
von Gerhard Ahrens
Erschienen in: Recherchen 145: Roter Stern in den Wolken 2 (08/2019)
„Roter Stern in den Wolken“ steht unter einem Bild von Dürer und über einem Text von T. zu „Prag 68“: Das war mein erster Satz Zum Geleit des ersten Bandes mit dem Dürer-Titel, dem nun ein zweiter folgt, und ein dritter schon droht. Wieder ist das Buch ein Omnibus, vollgestopft mit unterschiedlichen Texten zu unterschiedlichen Gegenständen, gefasst in verschiedene Formen. Die Ausweitung des Begriffes Omnibus auf das Verkehrsmittel Buch stammt aus den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, Hochzeit der Raubdrucke. Der Gedanke der gedrängten Mischung geht aber auch weiter zurück – eine Notiz unter dem Inhaltsverzeichnis des ersten Bandes hatte es bereits vermerkt –, nämlich auf Hanns Eisler: Mitte der fünfziger Jahre hatte die Akademie der Künste ihm vorgeschlagen, seine Gesänge für die Publikation übersichtlich einzuteilen in Lieder, Kantaten, Chöre usw. Aber er ging anders vor und rührte alles durcheinander. Man war immer wieder überrascht, aus einem Widerspruch in den anderen gestürzt, unmögliche Assoziationen wurden möglich. Seine Vorgehensweise schien exemplarisch, und es erschien auch jetzt besser, seinem Beispiel zu folgen, statt nach Gegenständen, nach Formen, oder nach der Chronologie zu ordnen, wie die Philologen es tun. T.s auffällige Bevorzugung der Dialogform freilich geht noch weiter zurück, unmittelbar auf Brecht. Der ging in seinen letzten Berliner Jahren so vor: er ließ Gespräche aufzeichnen und arbeitete den Text dann aus. Schon während der Jahre des Exils hatte er den Plan gehabt, eine Diderot-Gesellschaft zu gründen, und länger schon war er Diderots Vorgehen, in Dialogform zu schreiben, gefolgt, hinaus über seine Arbeit als Stücke schreiber. T. (und vor und neben ihm Heiner Müller) sind dem nachgegangen.