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Kunst
Hyperhorror
Erschienen in: Theater der Zeit: Jammer und Glorie – Der Regisseur Krzysztof Warlikowski (12/2014)
Seinen ersten Film drehte Ryan Trecartin an der Highschool mit einer gebrauchten VHS-Kamera. Das Filmmaterial von „Junior War“ landete erst mal in einer Schublade, bis er es nach über zehn Jahren zusammen mit drei anderen Videos auf der letzten Biennale in Venedig präsentierte. Seither verzeichnet die Laufbahn des 1981 in Texas geborenen Videokünstlers einen kometenhaften Aufstieg. Die Kunstwelt feiert ihn begeistert als einen der radikalsten Künstler seiner Generation. Und wirklich: Seine überhitzten Filmsettings treffen mit den außer Rand und Band geratenen Jugendlichen und den Genderparodien ins zentrale Nervensystem unserer westlichen Gegenwart.
Wer sich Trecartin-Filme anschaut, könnte entweder gleich selbst durchdrehen oder zu dem Schluss kommen, ein auf Droge gesetzter Künstler tobe sich hier mit seiner Anhängerschar aus. Immer wieder heißt es, Trecartins Arbeiten überforderten uns und wirkten distanzlos. Sie seien so etwas wie ein überschäumender Mischmasch aus Soap-Opera, Reality-TV und Subkultur.
Gerade zeigt er in den Berliner Kunst-Werken seine neue Produktion Site Visit. Und wie jedes Mal in seinen Filmen entwickelte er zusammen mit Lizzie Fitch und Rhett LaRue eine Art hyperkreatives Fernsehuniversum. Man ist gut beraten, sich gleich am Anfang eine der aufgestellten Campingliegen zu schnappen. So hat man die sechs Leinwände am besten im Blick. Wenn es gelingen...