Theater der Zeit

Speculative Thinking: Infrastrukturen der Demokratie

Theater im Zeitalter der Komplexität

von Georg Diez

Erschienen in: Learning for the Future – Zukunftskonferenz für die Darstellenden Künste (04/2024)

Table Talk (Im)Possible Opera
Table Talk (Im)Possible OperaFoto: Jean-Marc Thurmes

Wir befinden uns im Jahr 2040 und das Theater in Deutschland hat seine Zukunft in der Vergangenheit gefunden. Das Theater ist, wie schon in seinen Anfängen im antiken Athen zu einem zentralen Ort der politischen Selbstverständigung geworden, zu einem offenen Raum für gemeinsames Lernen, für Kommunikation zwischen Bürger:innen – eine Bestimmung weit über die Festlegung auf eine bestimmte, eng definierte kulturelle Funktion hinaus, weit über Fragen von Schiller, Strindberg und Schlingensief. Was ist passiert nach der demokratischen Legitimationskrise der 2020er Jahre, die mit der wachsenden Ungleichheit zu tun hatten, der wirtschaftlichen Ungerechtigkeit, der institutionellen Verkümmerung und vor allem der alles überwölbenden Frage des Klimawandels? Hat das Land Anfang der 20er und 30er Jahre des 21. Jahrhunderts den demokratischen Systemwandel geschafft? Was lange deutlich war: Die repräsentative Demokratie in der Art, wie sie im 18. Jahrhundert unter den Prämissen der Industrialisierung entwickelt wurde, ist im 21. Jahrhundert, im Zeitalter der Digitalisierung, nicht mehr die passende Regierungsform.

Repräsentation, elementar in einer arbeitsteiligen Welt, ist nicht mehr die passende politische Metapher und Praxis für eine Welt, in der sich Arbeit, aber auch Anwesenheit anders konstituiert. In einer Welt, in der eine demokratisch definierte und kontrollierte und positiv genutzte Digitalisierung dafür gesorgt hat, dass...

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