Das Theater leben: DIE HANDLUNG
46 Kollektive Schöpfung
von Julian Beck
Erschienen in: Das Theater leben – Der Künstler und der Kampf des Volkes (05/2021)
Kollektive Schöpfung: Die ersten Mysteries im Oktober 1964 in Paris waren unsere erste Erfahrung mit dieser Art von Arbeitsprozess. Es geschah ganz natürlich, ohne Anstrengung.
Alle darauffolgenden Erfahrungen waren langwierig und zermürbend und anstrengend.
In Paris wussten wir kaum, was wir taten. Wir sind hineingestolpert.
Später haben wir verstanden.
„Jedes Bild entsteht auf eigene Art; erst wenn es fertig ist, weiß ich, was es darstellt.“ William Baziotes
Es war eine mysteriöse Kraft am Werk, etwas, das stärker war als unsere bewussten Absichten. Und diese Kraft schuf ein logisches und geordnetes Werk.
Judith nannte den Abend Mysteries and Smaller Pieces. Damit war der Sinn etwas klarer.
Wir hatten Mysterien geschaffen, ohne mehr darüber zu wissen. Ohne es zu wissen, hatten wir unser erstes Experiment in kollektiver Schöpfung absolviert. Die Arbeitsweise fühlte sich organisch an.
Kollektive Schöpfung.
Eine Gruppe von Leuten kommt zusammen. Kein Autor, auf den man sich stützt, der einem den kreativen Impuls abnimmt. Die Vorherrschaft des Verstandes wird zerstört. Die Wirklichkeit kommt. Wir sitzen monatelang zusammen und reden, nehmen auf, verwerfen, schaffen eine Atmosphäre, in der wir uns gegenseitig inspirieren, in der jeder frei ist zu sagen, was sie oder er sagen will. Großer Sumpf Dschungel, Landschaft aus...