Neue Schweizer Dramatik
von Peter Michalzik
Erschienen in: 100 Jahre Theater Wunder Schweiz (11/2020)
Wie sah es mit der Westschweizer Dramatik aus? Es gab etliche Schriftsteller in der Westschweiz, Dramatiker fanden sich wenige darunter. Charles Ferdinand Ramuz haben wir erwähnt, er war aber kein Dramatiker. Es gab Robert Pinget aus Genf, der Beckett übersetzte, aber ebenfalls kein Dramatiker war. Er wurde dem Nouveau Roman zugerechnet. Am wichtigsten war der 1934 geborene Jacques Chessex, der 2009 in Yverdon-les-Bains starb. Es war während einer Diskussion um die Theateraufführung seines Romans „Confessions du pasteur Burg“ gewesen.
Der hochsensible Antoine Jaccoud ist vor allem als Drehbuchautor und nicht als Dramatiker bekannt. Der wichtigste Dramatiker der Romandie, Valère Novarina, geboren 1947 in der Nähe von Genf, lebt schon sehr lange in Frankreich und ist eher der französischen Kultur zuzurechnen. Seine sprachschöpferischen und sprachverspielten Stücke sind nur sehr schwer zu übersetzen. Obwohl sie sehr verspielt sind, vermögen Novarinas Stücke wie „Der unbekannte Akt“ grosse Bühnen zu füllen. Obwohl es schwer ist, eine Westschweizer dramatische Tradition auszumachen, lässt sich eine Gemeinsamkeit möglicherweise doch festhalten: Der unmittelbare Bezug zur Sprache ist von Ramuz über Pinget bis Novarina gross. Stücke in der Westschweiz haben öfter eine Tendenz zum Experimentellen als anderswo. Die Sprache selbst ist Material für die Bühne. Der Umgang mit der...