Vorwort
von Dennis Göttel und Stefanie Diekmann
Erschienen in: Recherchen 171: Nebenfiguren (11/2024)
Angesichts der Tatsache, dass in der Forschung zu audiovisuellen Medien und darstellenden Künsten die Figurenanalyse und deren Methodik breiten Raum einnehmen,1 ist es überraschend, dass das Feld der Nebenfiguren nur selten systematisch untersucht wurde.2 Diesem Desiderat möchte der vorliegende Band begegnen und die ästhetische und konzeptionelle Komplexität der Nebenfigur in konkreten Fallstudien analysieren. Dabei kann es kaum um eine vollständige elaborierte Theorie gehen, sondern vielmehr darum, zentrale Parameter der entsprechenden Auftritte zu skizzieren.
Grundsätzlich muss festgehalten werden, dass Nebenfiguren innerhalb von Konstellationen etabliert und ihrerseits eingesetzt werden, um Konstellation zu modellieren: als respondierende, kommentierende, als intervenierende und immer wieder als beobachtende Akteur:innen. Mehr noch als für protagonistische Figuren gilt, dass Nebenfiguren relational, sekundär und als Effekt einer Betrachtung kenntlich werden, die weniger auf solitäre Akteur:innen gerichtet ist als auf die repräsentationale Ordnung, an der die Nebenfiguren durch ihre Auftritte Anteil haben. Wo sie auftreten, besiedeln Nebenfiguren ein terrain vague: zwischen Staffage und Figuration, Multiplikation und Singularisierung, Observation und Einflussnahme, Hintergrund und Vordergrund, Funktionalität und Disruption, um nur einige Gegensätze zu nennen.
Nebenfiguren sind Instanzen der Vermittlung. Ihre akteuriale Bedeutung besteht nicht nur darin, Botschaften, Objekte und Personen auf die jeweilige Szene zu befördern, sondern ist ebenso...