Theater der Zeit

Look Out

Den Text geschehen lassen

Das Kollektiv vorschlag:hammer generiert Sinnzusammenhänge erst im Moment der Aufführung

von Carolin Gerlach

Erschienen in: Theater der Zeit: Nüchterner Rausch – Der Schauspieler Steven Scharf (04/2013)

Knie an Knie mit der ersten Reihe schaut eine junge Frau ihr Publikum an. Mit wachen Augen sucht sie Kontakt, blickt direkt ihr Gegenüber an. Weder Text noch Figur noch Konflikt werden hier etabliert, vielmehr vergewissern sich alle gegenseitig ihrer Anwesenheit, bis eine ganz besondere Aufmerksamkeit im Raum schwingt. Wenn Gesine Hohmann auf der Bühne zu sprechen beginnt, entsteht der Eindruck, als mache sie sich erst und genau in diesem Moment bewusst, welche Geschichte sie zu erzählen auf die Bühne trat – denn eine zu erzählende Geschichte gibt es immer. Die Debütinszenierung „Vom Schlachten des gemästeten Lamms und vom Aufrüsten der Aufrechten“ verschneidet die scheinbar ausweglosen Schicksale zweier Männer, deren Überlebensenergien doch ungebremst sind: die des isländischen Bauern Bjatur und des US-amerikanischen Müllmanns John.

Statt eine Probenverabredung nachzuahmen, lassen vorschlag: hammer den Inszenierungstext stets neu geschehen, indem sie im Augenblick der Aufführung in ihrer Erinnerung und für ihr Publikum die Geschichten aufs Neue hervorbringen: „Wir sind ja nicht dieser Bauer, sondern er ist unser Material.“ So dichten und singen und witzeln sie stets improvisierend den Moment – je nachdem, welchen Spielball sie sich zuwerfen.

Nach der Präsentation beim Hildesheimer Festival State of the Art wurde diese erste Produktion von Kristofer...

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