Im Juni 2017, im letzten Monat der Intendanz Frank Castorfs, war die Volksbühne zu Gastspielen in China, Spanien, Frankreich und Griechenland eingeladen.
Im Anschluss an eine Vorstellung von Castorfs Dostojewski-Inszenierung »Der Spieler« beim Athens Festival, kurz nach Mitternacht, stellte sich der Regisseur einem Publikumsgespräch.
Herr Castorf, ziemlich zu Beginn Ihrer Volksbühnen-Intendanz hat Heiner Müller Ihnen und der Belegschaft des Hauses einen freundschaftlichen Brief geschrieben, in dem sich ein sehr prinzipieller Satz findet: »Theater, denen es nicht mehr gelingt, die Frage ›Was soll das?‹ zu provozieren, werden mit Recht geschlossen.« Wenn Theater nicht für Irritation, Befremden oder Überforderung sorgt, braucht man es eigentlich nicht. Gehört diese aus den unterschiedlichsten Richtungen gestellte, leicht genervte Frage »Was soll das?« zu Ihren 25 Jahren an der Volksbühne?
Wichtig für die Volksbühne war, dass man den Zuschauer nicht nur mag, sondern auch hasst. Es braucht eine gesunde Feindschaft zwischen der Bühne und dem Publikum. Man braucht Konflikte, um sich verständigen zu können. Das gilt sicher auch für die Gesellschaft als Ganzes. Vielleicht ist es eine große Chance für Europa, dass wir heute Dinge aussprechen, die vor zehn Jahren, als es allen gut ging, in dieser Deutlichkeit nicht ausgesprochen wurden. Ich glaube, es ist wichtig, wieder...