Gerade noch rechtzeitig zum 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs hat die edition text + kritik ein Buch zum Fronttheater herausgebracht. Anders als einschlägige Darstellungen, die meist auf den Motivationsund Ablenkungscharakter dieser Unterhaltungskunstformen in Schlachtfeldnähe abheben, beschäftigt sich „Mein Kamerad – Die Diva“ mit den Geschlechterbildern, die hierbei erzeugt wurden. Und liefert ein paar überraschende Erkenntnisse.
So ist die sexuelle Spannung nicht zu überlesen, die in Briefen wie diesen ausgedrückt wird: „Waren wir nicht zuweilen ein klein wenig verliebt in Dich Flatternde, An- mutige, die Du Verdichtung jenes Weiblichen strahltest? Hast Du nicht immer irgendwie ver- wundet, mein zierliches Figürchen?“ Was den Brief dieses Soldaten des kaiserlichen Heers aus der üblichen Schmachtliteratur heraushebt, ist die Tatsache, dass sein Liebestraum über die „Verdichtung des Weiblichen“ gerade keiner Frau, sondern einem Soldaten als Damendarsteller anlässlich der Aufführung von Gerhart Hauptmanns „Der Biberpelz“ durch ein Gefangenentheater in Frankreich galt.
Die Zuneigung zu den Diven in Feldgrau wurde durch zahlreiche Werbepostkarten sogar noch gefördert. Einige aussagekräftige Abbildungen von Gefreiten im Rüschenkleid sind im Buch. Die Herausgeberinnen Julia B. Köhne, Britta Lange und Anke Vetter betonen in dem Band, der begleitend zu einer Ausstellung im Schwulen Museum in Berlin erschienen ist, dass es sich...